Vom Aufbrechen und Ankommen

Wir sind seit viereinhalb Monaten auf Reisen und unsere Gedanken, Gefühle und Texte drehen sich ums Heimkehren. Es ist schön zu erleben, wie sich unsere Reise nun im wahrsten Sinne des Wortes abrundet und zu einem Ganzen fügt.

Wenn ich nur oberflächlich zurückblicke, kommt es mir (mal wieder) so vor als ob die Zeit sehr schnell vergangen ist. Aber sobald ich etwas tiefer gehe, entfaltet sich eine große Fülle und Dichte an Erlebnissen, die für immer die meinen bzw. unseren sind. Und dabei jederzeit mit wenig Aufwand wieder abrufbar.

Dabei war es nicht immer einfach. Reisen auf engen Raum, in einem alten Bus und über längere Zeit ist eben kein All-Inclusiv-Paket. Neben ständigem Einkaufen, Abwaschen, Toilette reinigen usw. sind es vor allem das Ankommen (Parkplatz suchen, aufbauen, einfühlen etc.) und das Wiederlosfahren (abbauen, einräumen, Abschied nehmen) was auf Dauer anstrengend wird – weil man sich ständig auf neue Umgebungen, Menschen und Situationen einstellen muss.

Bei all den kleinen Unbequemlichkeiten merken wir auch wieder, welchen Luxus wir zu Hause genießen dürfen – und freuen uns schon auf die immer verfügbare Dusche, die Waschmaschine, den Geschirrspüler und ein großes Bett :-).

Und – und das ist vielleicht die wichtigste Zutat zur erfüllenden Reise – wir haben die intensive Zeit zu Dritt sehr genossen. Es war nicht klar, wie wir damit zurechtkommen werden, 24/7 bei- und miteinander zu sein. Aber es war und ist wunderbar! Die Nähe und gemeinsamen Erlebnisse haben uns als Familie aber auch als Paar gestärkt und noch mehr zusammengeschweißt.

Wir haben trotz immer wieder neuer Umgebungen und Herausforderungen mit der Zeit gemeinsam gewisse Routinen entwickelt, die es uns mit jedem Tag der Reise leichter gemacht haben, irgendwo „anzukommen“.
Wichtig ist, sich nach dem Ankommen etwas Zeit zu lassen (vor allem wenn die Realität mal wieder nicht genau mit den eigenen Vorstellungen übereinstimmt) und die Umgebung zu erkunden. Wenn es generell passt,
kümmerte sich Hilbi um den Innenraum, ich mich um den Außenbereich und wenn es gut lief, spielte Hanni in dieser Zeit selbständig und/oder stellte sich schon mal überall (vor allem wenn sie Deutsche entdeckt) vor: „Hallo, ich bin Hannah und ich bin Fünfeinhalb.“.

Die Reiseplanung selbst war Hilbis Spezialgebiet. Akribisch erforschte sie mögliche Ziele und optimierte den Weg dahin. Ich durfte durchaus mitdenken, war aber mit der Auswahl fast immer glücklich und übernahm nur zu gern den Part des Technikers und Fahrers. So hatten sich sehr schnell auch diese Rollen auf natürliche Art herausgebildet – Hilbi: Navigatorin, Orbi: Operator :-).

Das Reisen bringt (mir) auch (noch mehr) Klarheit in mein eigenes Leben. Vor allem darüber was ich will und was eben nicht. Einfach weil wir so viele verschiedene Situationen erlebten, so dass die eigenen Vorlieben und Abneigungen klar(er) zu Tage treten konnten. Auch die Freiheit den eigenen Weg zu bestimmen sowie in Gemeinschaft wundervolle Dinge zu erleben, machen mir und uns klar(er), wie wir unsere Zukunft gestalten wollen.

Dabei stellten wir immer wieder fest, dass diese Freiheit eben alles andere als selbstverständlich ist. Und das ist eine wertvolle Erfahrung.
Das ständige Ringen um Arbeit und um ein vernünftiges Auskommen, unzuverlässige wirtschaftliche Rahmenbedingungen, geringe Bildung und/oder schlicht der falsche Pass schränken in vielen Ländern die Möglichkeiten der Menschen stark ein.

So sind wir besonders dankbar für die Möglichkeiten unsere Träume wahr machen zu können. Wir sind froh das Glück zu haben in Deutschland geboren und aufgewachsen zu sein. Die Bildung, die wir mitbekommen haben und die guten Rahmenbedingungen geben uns die Chancen, unser Leben nach den eigenen Vorstellungen zu gestalten.

Und so ist absolut klar was nach dem Ankommen zu Hause für uns folgt: der Aufbruch in verschiedene neue Abenteuer!

P.S. Das Ende der Reise fühlt sich erst mal komisch an. Irgendwie wie Lachen und Weinen zugleich. Aber ich glaube es sind Freudentränen…

43

Auch auf Reisen vergeht die Zeit bekanntlich und wird vor allem rückblickend oder am Ende eines Projektes als zügig dahinrauschender Fluss wahrgenommen. Und so darf ich heute auf 43 Jahre Reise durch mein eigenes Leben zurückblicken.

Ich tue dies am Fuße eines Berges im Balkan-Gebirge im kleinen Örtchen Zverino. Ich liege unten in unserem Luigi, es ist noch früh am morgen und meine Mädels schlafen noch oben in der ersten Etage. Es ist ein schönes Gefühl so nah beisammen zu sein und nun so viele Erinnerungen und Erfahrungen miteinander zu teilen. Ich versuche diesen Moment zu genießen und für immer abzuspeichern.

Draussen stehen unsere lieben Freunde Roland und Jenny in ihrem Mercedes-Bus. Wir durften gestern noch einmal Zeit miteinander verbringen und taten das auf der Spitze ihres Berges in ihrem neuen Domizil.

Die Auffahrt war abenteuerlich, denn man kommt nur mit einem guten Allradfahrzeug in ca. 25 Minuten hinauf. Oben bietet sich ein grandioser Blick über die hiesige Bergwelt und wir genießen unseren Zusammensein mit Selbstgekochtem, Bier, Rakia, Tee und Schokolade. Für mich ist dies bereits der erste Teil meines Geburtstages.

Zusammen mit meinen Liebsten und neuen Freunden eine wunderbare Zeit verbringen. Es gibt nichts Schöneres!

Der zweite Teil folgt am eigentlichen Geburtstag beim gemeinsamen Frühstück und wir genießen erneut die gemeinsame Zeit.

Der weitere Tag ist geprägt von einer langen Etappe bis nach Rumänien hinein – wir sind im Heimfahrt-Modus und freuen uns jeden Tag mehr auf unsere Heimat.

Auf ins neue Lebensjahr und zu neuen Projekten!!!

Auf dem Olymp

Nach einigen schönen gemeinsamen Tagen mit unseren Freunden reifte der Plan dem ca. 200km entfernten Olympos-Gebirge einen Besuch abzustatten und dort den höchsten Berg Griechenlands, den“Mytikas“, zu besteigen. Genauer gesagt hatte Tony bereits einen ziemlich ausgereiften Plan im Gepäck, so dass nur noch das Gemeinsame am Vorhaben definiert werden musste.

Das Team war schnell zusammengestellt: Tony, Orbi & Luigi gehen auf Tour. Und schon ging es los, am Donnerstag den 23.09., knatterten wir mit Luigi in knapp drei Stunden und mit passender Mugge im Ohr (die Klassiker: „Rückenwind“, „Susanne zur Freiheit“, „Lass die Sonne rein“, „Krieger“ und smoth Techno von Dominik Eulenberg) bis zu unserem „Basislager“, dem Parkplatz Priónia unterhalb des zu erklimmenden Bergmassivs. Schon die Fahrt bergauf zum Parkplatz war ein Highlight: Ziegen, Esel und immer wieder ein atemberaubender Blick, auf die schnell kleiner werdende Küste, ließen unsere Herzen höher schlagen. Es ging von 0 auf ca. 1000 Meter in wenigen Minuten.

Der Abend verlief gemütlich mit Nudeln, Alpha-Bier, Tee und Offiziers-Skat. Einzig die knurrenden und bellenden Hunde rund um unseren Bus beunruhigten etwas. Das wird uns noch begleiten… 21 Uhr war Feierabend, der Wecker war auf 05:00 Uhr morgens gestellt.

Der Wecker war unnötig – um 04:45 Uhr lief bereits die Guten-Morgen-Musik 🎶 und wir machten uns ans Frühstück und Sachen packen. Mit bangem Blick spähte Tony erstmals aus dem Bus und stellte fest: „der Hund liegt direkt davor“. Tür wieder zu. Wir packten fertig, wappneten uns mit den Wanderstöcken und waren fest entschlossen uns den Weg freizumachen.

Der Ausbruch gelang und nach wenigen Minuten war klar: die Hunde hier sind eher harmlos und einfach nur auf Futter aus. Ab diesem Zeitpunkt hatten wir erst zwei und dann einen hündischen Begleiter, die sich dann auch noch als Hündin herausstellte. Passend zum Ort nannten wir sie „Hera“.

18km verteilt auf 1800 Höhenmeter lagen vor uns. Der Aufstieg war durchaus anspruchsvoll und geprägt von gebirgstypischen wechselhaften Gelände. Es ging durch dichten Hochwald über kieferbewaldete Flächen in immer kargeres, von Granitgeröll dominiertes Gelände. Der Anstieg schwankte zwischen 5 – 40°. Gegen 07:30 Uhr konnten wir dann die Stirnlampen ablegen und wanderten teilweise in praller Sonne. Am ersten Zwischenstopp zogen wir dann auch die leichteren Wandersachen an und ich fotografierte nochmals unsere Verpflegung (denn es drängte sich mir der Eindruck auf: „ist ganz schön viel…).

Der Aufstieg zog sich bis zu einer netten Zwischenstation „Refugees“ hin und dort verließ uns auch Hera, die uns bisher treu begleitet hatte. Schließlich hatten wir die letzten 500 Höhenmeter bei 40° Steigung in praller Sonne vor uns und nach ca. 1h auch endlich hinter uns. Bereits hier war klar: der Abstieg wird weh tun.

Es war mittlerweile 12:00 Uhr, sechs Stunden Aufstieg lagen hinter uns und das Beste noch vor uns. Wir waren auf dem Bergmassiv mit den Berggipfeln Skolia, Skala und Mytikas angekommen. Ohne Frage, wir wollten den höchsten, „Mytikas“ mit 2918 Metern, erreichen. Kurz vor dem Start noch ein Schock: die sorgsam aufgesparten Knacker in unserem Verpflegungspaket waren verschwunden! Ich hatte sie wohl beim Umziehen und Fotografieren ausgepackt und dann liegen lassen. Voll doof.

Der Ausblick war grandios und ließen die Kopfschmerzen die uns beide, aber vor allem Tony, plagten fast vergessen. Wir genossen eine Weile und in Ruhe diesen besonderen Ort und kletterten zurück, um den Abstieg in Angriff zu nehmen.

13:00 Uhr ging es dann wieder abwärts und wie erwartet wurden Knie- und Fussschmerzen beständig stärker und waren teilweise nur mit schwarzem Humor und von Tony oder mir gepushtem Heimwärtstrieb zu ertragen. Die letzten Kilometer fühlten sich unsere Beine wie Holzlatten an, die Knie waren irgendwie nicht mehr funktional und so verrenkten wir uns regelrecht, um möglichst schmerzfrei den nächsten Stein oder die nächste Stufe zu erreichen.

16:30 Uhr, nach 10 Stunden und 30 Minuten, erreichten wir wieder den Parkplatz und kehrten auf meinen Wunsch sofort in das hiesige Restaurant ein. Es gab Bohnensuppe, griechischen Salat und für Tony „Burger“, der sich interessanterweise als Bulette mit Pommes und Reis herausstellte. Einen Cappuccino später ging es in finaler Begleitung durch Hera zurück zu Luigi und letztendlich auf den Weg zurück zu unseren geliebten Mädels. Ziemlich genau 21 Uhr waren wir happy und ausgepowert wieder zurück und ließen den Abend ausklingen.

Danke für dieses schöne Erlebnis.

Ankunft in Griechenland

Am Abend des 12.09. sind wir nach langer achtstündiger Fahrt, es war mit 410 km die längste Tour an einem Tag bisher, an unserem ersten Zwischenstopp in Alexandropoulis angekommen.

Um nach Griechenland einreisen zu können, muss man sich über eine Website anmelden und ein sogenanntes PLF-Formular ausfüllen. Dieses ist nicht allzu intuitiv zu nutzen und nach ca. 45 min Handy-Fummelei beschließen wir – schon leicht aggressiv – mit einem zu 2/3 korrekten Formular zu starten. Das wird uns noch beschäftigen…

Der Grenzübertritt war spannend. Wir konnten von Istanbul aus nicht den direkten Weg nehmen, sondern mussten einen nördlichen Grenzübergang „Edirne/Kastaneai“ nutzen und damit ca. 120km Umweg in Kauf nehmen.

Der Grenzübergang war auf türkischer Seite erst auf den zweiten Blick zu erkennen und dann noch auf dem normalen Weg für unseren Luigi nicht passierbar – Fahrzeuge höher als 3m passten nicht. Doch die hilfsbereiten Beamten halfen uns sofort weiter und lotsten uns durch die LKW-Einfahrt. Kein Problem.

Nach 500 Metern kam der griechische Teil der Grenze und die Frage nach dem PLF-Formular. Klar, haben wir. Also zumindest irgendwie. Schnell fällt auf das eine Person, nämlich der Fahrer 🚙, auf dem Formular fehlt. Kein Problem, aber wir müssen zurück vor die griechische Grenze und das Formular erneut ausfüllen. Nun beginnen die Problemchen mit unseren elektronischen Helferlein – Sindy hat zwar mobile Daten, aber nach wenigen Minuten ist das Guthaben plötzlich aufgebraucht und nichts geht mehr. Meine Handy verweigert mobile Datennutzung, es ist noch im türkischen Netz eingewählt und streikt standhaft gegen einen Wechsel. Das verfügbare freie WLAN lässt sich nicht nutzen (der Router braucht wohl mal einen Neustart, doch das liegt außerhalb unseres Einflussgebietes), das kostenpflichtige WLAN scheitert an den Bezahloptionen VISA & Paypal, die eben für die Verifikation Internet benötigen 😭. Ich bezirze eine der herumsitzenden Corona-Test-Station-Verantwortlichen mich über ihr Handy per Hotspot ins Internet zu lassen. Geht zwar, aber ist so langsam das die Pandemie wohl wirklich vorbei ist, wenn wir damit das Formular ausgefüllt haben 🤬. Die Stimmung ist mies.

Letztendlich erbarmt sich einer der Grenzbeamten, versucht es erst mit meinem Handy, gibt auf und nimmt dann sein eigenes Handy und füllt das Formular für uns aus. Dabei ist er sehr schnell und wir vermuten er hat den Vorgang wohl etwas abgekürzt 😜. Nach ca. 1h sind wir drüben. Corona-Wahnsinn. Puh. Laune nicht mehr optimal und die Freude, dass wir in Griechenland sind lässt auf sich warten.

Merke: „Mach es gleich richtig, dann haste weniger Stress“ :-). Nix Neues, aber sehr wahr.

Wir „ziehen durch“ bis zum städtischen Campingplatz in Alexandropoulis und schaffen es tatsächlich noch im Sonnenuntergang ins klare und ruhige Wasser der Ägäis zu hüpfen.

Der leicht angestaubte Campingplatz für 25€/Nacht sowie zwei kleine Bier für 8€ erinnern uns, dass wir uns wieder in hochpreisigeren Gefilden bewegen.

Am nächsten Morgen geht es für uns direkt weiter zur Halbinsel Chalkidiki.

Nach Istanbul haben wir ein wenig den „Reise-Blues“, wir haben einfach so viel erlebt und die letzte Woche war so intensiv, dass wir uns erst wieder zum Weiterreisen motivieren müssen. Der Ausblick auf eine schöne (nächste) Urlaubswoche mit unseren lieben Freunden und ehemaligen Nachbarn Kati, Tony und Elena, die schöne Fahrt durch die Berge entlang der Küste und unser Zielort „Camping Ouranoupoli“ mit Sonnenuntergang sowie Zapuro (dem echten Ouzo) am Strand, helfen dabei.

Eins wird uns dennoch immer mehr bewusst: wir freuen uns auf die Heimat -Kopf und Herz sind voller Ideen und Projekte, die umgesetzt werden wollen 😁. Ein schönes Gefühl.

Zwischentöne

Heute ist Abreisetag aus Istanbul. Es geht nach Griechenland, unserer letzten längeren Station auf unserer Reise.

Es ist früh am morgen, genau 05:15 Uhr, ich sitze auf der Couch unserer gemütlichen Ferienwohnung und leichte Melancholie liegt im Raum. Und das hat mehrere Gründe.

Istanbul war ein absolutes Highlight und neben der beeindruckenden Stadt sind es auch hier vor allem die Begegnungen mit Menschen, die uns begeistert haben. Menschen, die uns offen ihre Geschichten erzählt haben, die eigentlich immer ein Lächeln und ein nettes Wort parat hatten, die uns auch ungefragt weitergeholfen haben. Von religiösem Fanatismus oder Missgunst den finanziell meist und offensichtlich besser aufgestellten Reisenden gegenüber keine Spur. Istanbul und seine Bewohner (Menschen, Hunde und Katzen) haben unser Herz erobert – wir kommen wieder.

Dabei war der gestrige Tag ziemlich durcheinander. Unsere zwei Versuche einen weiteren Stadtteil zu entdecken, mussten wir jedesmal abbrechen. Denn Hannah hatte sich irgendwie den Magen verdorben, und beim ersten Versuch vor die örtliche Moschee (wo wir Katzen füttern waren) und beim zweiten Versuch am Nachmittag fast in die U-Bahn gebrochen. Nur Hilbis geistesgegenwart war es zu verdanken, dass schnell eine Tüte zur Hand war. Und so verbrachten wir notgedrungen den größten Teil des Tages in der Ferienwohnung. Es wurde auch erst wirklich besser, als ich aus der hiesigen Apotheke ein schnell wirkendes Medikament geholt hatte. Doch gegen 22 Uhr war alles wieder weitgehend im Lot, die Sachen für die Abreise waren gepackt und wir lagen alle irgendwie geschafft im Bett.

Und dann war da gestern ja auch noch die Mad East – unser jährliches Fahrrad-Event in der Heimat. Ich habe von Ferne mitgefiebert und mich sehr gefreut, dass es auch diesmal ein tolles Event geworden ist. Und auch wenn ich dieses Jahr nur am Rande involviert war, bin ich glücklich und stolz Teil dieses Vereins – dem Massiv Snowpark e.V. – zu sein.

Nun ist es 06:15 Uhr, der Muezzin hat bereits zum ersten Mal zum Gebet gerufen, draussen fegt jemand die Straße und ich schaue mir gleich mal die heutige Route nach Griechenland an.

Iyi günler. Ich wünsche uns allen einen schönen Tag.

Merhaba Istanbul

Wir sind nun bereits mehrere Tage in Istanbul und es wird Zeit einige Gedanken und Gefühle zu unserem ersten gemeinsamen Türkeibesuch niederzuschreiben – diesmal als Gemeinschaftswerk von Hilbi und Orbi 😊.

Vergangenen Samstag verbrachten wir viele Stunden auf den Straßen, die Grenzüberfahrt verlief problemlos, wenngleich mit einiger Wartezeit. Unseren Coronatestzettel wollte niemand sehen, dafür wurde Luigi desinfiziert 😁.

Die Einfahrt in die Stadt war bereits spektakulär und wir waren geschafft aber happy und aufgeregt zugleich.

Einen Tag vorher hatten wir uns über airbnb.de eine Wohnung gebucht und waren begeistert als wir diese betraten. Gemütlich eingerichtet, perfekt ausgestattet, sehr sauber und das für 26€/Nacht – Wahnsinn!!

Luigi parkten wir direkt um die Ecke auf einem 24/7-bewachten Parkplatz für 4€/Tag.

Am Sonntag ruhten wir uns aus, erkundeten „unser Viertel“ und studierten Reiseführer und Stadtplan.

Seit Montag sind wir nun täglich auf Stadttour, dafür laufen wir 10 Minuten zur Bahnhaltestelle und sind nach 4 Stationen und etwa 15 Minuten Fahrt mitten im Zentrum.

Die Stadt selbst ist für uns kaum fassbar. Riesig und facettenreich umgibt sie uns und macht es uns nicht leicht uns gefühlsmäßig und örtlich zurechtzufinden. 

Es gibt unzählig viele Stadtteile, Altstädte, Kulturzentren, Einkaufspassagen, Uferpromenaden…und das alles in verschiedenen Ausprägungen, eingebettet in sieben Hügel und miteinander durch von Grün durchwebten Wohngebieten verbunden. Ca. 15 Millionen Menschen leben hier, hinzu kommen einige Millionen Touristen und hunderttausende Katzen (dies ist so besonders, daß wir ihnen einen extra Blogeintrag widmen werden). Nochmal: es ist kaum fassbar. In den Zentren ist es voll, laut und pulsierend. Abseits der Hauptwege findet man aber auch ruhigere und ebenfalls interessante Gassen. Überall sieht man Geschäfte, Restaurants, Essenstände, Autos, Menschen, türkische Fahnen und Abbildungen von Atatürk. Erdogan ist (bisher) für unsere Wahrnehmung eher unterrepräsentiert.

Das Essen hier ist der Hammer!! Von Obst und Gemüse, über Snacks und Vorspeisen, Hauptspeisen und nicht zu vergessen Süßwaren ist alles frisch und mit viel Liebe zubereitet. Wir kommen aus dem Schlemmen nicht heraus 😋.

Die Stadt hat natürlich viele Moscheen, die meist wunderschön aussehen und rege von Einheimischen und Touristen genutzt werden.

Rein kommen Mann und Frau nur barfuß und in langer Kleidung, die Frauen brauchen zudem ein Kopftuch. Innen geht’s entspannt zu. Der Fußboden ist immer mit Teppich ausgelegt und lädt zum gemütlichen Lümmeln ein. Also ein Ort der Entspannung und des Gebets.

Zum Gebet werden Frauen und Männer aber getrennt. Dies wird fünf mal am Tag zelebriert und regt auch den Körper an, denn zum Gebet gehören etliche Verbeugungen :-). Gleich am ersten Tag nahmen wir an einer Gebetszeit in der Hagia Sophia teil. Ein besonders geschichtsträchtiges und das wohl umstrittendste Gebäude in Istanbul. Denn sie war rund 1.000 Jahre eine Kirche der Christen und teilweise das wichtigste Gotteshaus überhaupt. Bis zum Fall der Stadt 1453 durch die Eroberung durch Sultan Mehmed II., woraufhin die Kirche einige Jahrhunderte zu einer Moschee und ab 1934/35 zu einem Museum wurde. Seit dem 24. Juli 2020 ist sie auf Anordnung von Erdogan wieder eine Moschee.

Neben den Moscheen sind da natürlich noch die Märkte, die uns in ihren Bann ziehen und einige Überraschungen für uns bereit halten. In jedem Falle sind sie voll von exotischen Dingen und gewitzten Händlern. Davon werden wir noch berichten.

Und dann ist da noch der Bosporus sowie das Goldene Horn – der Bospurus trennt die Kontinente und damit auch die Stadt in den europäischen und den asiatischen Teil. Außerdem verbindet er das Marmarameer mit dem Schwarzen Meer. Das Goldene Horn trennt zudem den europäischen Teil in zwei Seiten. Über Fähren, Touristenschiffe, U-Bahn und Brücken sind alle drei Teile gut miteinander verbunden. Eine schöne Rundtour per Schiff auf dem Bosporus dauerte für uns etwa anderthalb Stunde und kostete 25 Lira (ca. 2.50 €) pro Person, wobei Hanni noch frei fuhr. Wir waren schlichtweg begeistert, von der Silhoutte der Stadt aber auch vom Preis.

Unser Wohnbezirk namens Bakırköy ist ein echter Glücksfall für uns. Etwas Abseits von den Touristenzentren wohnen wir mitten unter dem hiesigen Mittelstand. Es geht ruhig und gemütlich zu: es gibt viele kleine Läden, vor denen oft die Besitzer mit ihren Kunden sitzen, den typisch türkischen Tee trinken und palavern. Dazu wird geraucht als ob es kein Morgen gäbe – Alkohol trinkende Menschen sieht man hingegen nur sehr vereinzelt.

Die Menschen hier in Istanbul sind einfach zum lieb haben. Sie sind offen, freundlich und sehr herzlich. Wir fühlen uns richtig wohl und genießen viele Begegnungen und kurze Gespräche auf der Straße, auf dem Basar oder im Café.

Hannah ist ein echter Herzensöffner: mit ihren blonden Haaren und ihrer Lebenslust bringt sie uns schnell mit anderen ins Gespräch und ins Geschehen. Fast jeder hat mindestens ein Lächeln für sie übrig, oft wird ihr über das Haar gestreichelt, ab und zu gibt’s auch mal eine Süßigkeit oder sie darf für ein Foto herhalten 😁.

Direkt rund um unsere Wohnung gibt es alles was wir brauchen: auf der einen Seite den gutbestückten Obst-, Gemüse- und Lebensmittelladen, auf der anderen die Teestube mit Leuten, die interessiert und des Englischen mächtig sind.

Auch hier ist natürlich und bekanntlich nicht alles in bester Ordnung. Jans neue Kumpels von der Teestube gegenüber fragten, ob die Preise hier für uns niedrig sind. Und das sind sie auf jeden Fall! In den letzten Jahren haben sich die Preise hier wohl verdreifacht und gleichzeitig steckt die Türkei in politischen und wirtschaftlichen Krisen. Viele Menschen sind arbeitlos oder verdienen nur sehr wenig. Auf die Frage nach meiner Religion antworte ich zaghaft aber wahrheitsgemäß: „Atheist“ und ernte wieder erwarten freudige Gesichter und etliche „Fäuste“. Zumindest in der Teestube sind nach eigener Aussage viele Schamanen und bieten mir sofort ihren Zaubertrank, süßen dicken Maulbeersaft („Trank von Asterix“), an. Zur Krönung kommt noch ein Derwisch hinein, er kommt direkt von „oben“ und verwickelt mich sofort in ein Gespräch, dessen Inhalt ich aber nicht wirklich verstehe. Es geht natürlich um Jesus & Co. und alle amüsieren sich köstlich.

Aber zurück zu Preisen und Umgebung: einmal Essen gehen zu dritt in einem gutbürgerlichen Restaurant ungefähr 6-10 €, auf Touristenstraßen auch mal um die 20 €. Ein Kilo Äpfel 20 – 30 Cent, Salatzutaten oder eine ordentliche Ladung Obst für 70 Cent.

Hannah kann mit allen öffentlichen Verkehrsmitteln noch umsonst fahren. Für den öffentlichen Nahverkehr gibt es die Istanbul-Card für ca. 1,50 €, die man mit Geld auflädt, pro Fahrt werden dann je nach Streckenlänge zwischen 40-90 Cent abgebucht Damit kommt man mit Bus, Metro/Marmaray und Fähre super durch die Stadt. Damit die Karte funktioniert muss man vorher einen sogenannten HES-Code erstellen lassen und dann über ein Webportal mit der Karte verknüpfen. Damit ist man jederzeit nachverfolgbar, da der HES-Code aus Namen, Geburtstag und Reisepassnummer generiert wird. Auch hier wird nachverfolgt was das Zeug hält und Corona liefert auch hier den offiziellen Grund. Schöne neue Welt. Dank zwei jungen Männern aus Turkmenistan, die direkt neben „unserer“ Bahnstation ein Café führen, bekamen wir das mit der Karte und dem Code auch hin 😁.

Auf den Basaren lernten wir auch schon für’s (türkische) Leben: z.B. auf dem beeindruckenden Gewürz-Basar kaufte ich (Jan) mein neues Lieblingsgewürz „Sumak“ beim eloquenten Verkäufer im schicken Laden. Das Kilo für 260 Lira. So viel wollte ich nicht, doch er hatte mich am Haken. Und so verließ ich den Laden mit 300g Sumak und 300g Kajun-Gewürz für 250 Lira (= 25€). Und weil ich so ein geschickter Händler bin, gab’s noch eine Packung Beuteltee für „EensFuftsch“ dazu. Zehn Minuten später war die Euphorie verflogen, außerhalb vom schicki-micki Basarbereich gabs das Kilo in ebenfalls sehr guter Qualität für 80 Lira.

Die Lerneinheit lautet also: „Wisse was Du kaufst!“ – und das bedeutet Qualität einschätzen zu können und das Preisniveau zu kennen. Qualität bezüglich Sumak hatte ich schon drauf, hatte nämlich den Tag zuvor schon auf einem anderen Basar schlechte Ware („… die Beste my friend“) gekauft. Nur den Preis hatte ich mir nicht gemerkt.

Also ich hoffe die Lektion sitzt jetzt :-).

Die Stadt hält uns weiter in ihrem Bann und auf Trab, eine Reizüberflutung ist bei uns allen nach wenigen Stunden zu verzeichnen 😁 aber dennoch haben wir in den letzten Tagen schon oft zueinander gesagt: „Man, was haben wir für ein geiles Leben“!! Abends fallen wir kaputt und müde ins Bett. Es ist gigantisch solch eine Stadt erleben zu dürfen und wir sind dankbar und glücklich, dass wir diesen Abstecher in eine etwas „andere Welt“ unternehmen dürfen! Wir bleiben nun noch bis Sonntag und dann geht es ab nach Griechenland.

Mit Herzensmenschen im Balkangebirge

Am Sonntag, den 22.08.2021 verließen wir nach einem letzten Bad das Oasis Resort und trafen uns mittags auf dem Dorfplatz von Zverino mit Roland und Jenny. Den Plan hatten die Mädels schon am Freitag abgestimmt und nach kurzem Startpalaver ging es auch gleich los zur Bergregion Lakatnik in ca. 30km Entfernung.

Schon die Fahrt durch diesen Teil des Balkangebirges war ein echter Genuss – unsere zwei Knatterbusse hintereinander durch diese interessante Bergwelt haben uns und etlichen Einheimischen immer wieder ein Lächeln ins Gesicht gezaubert.

Nach kurzer Orientierungsphase am Fuße des Lakatnik begannen wir unseren Aufstieg entlang eines (derzeit) kleinen Flusses, der schon nach kurzer Zeit an idyllischen Naturbecken zum Planschen und Picknicken einlud. Das Wasser war herrlich kühl und wir teilten uns Becken inkl. Steinrutsche friedlich mit Kaulquappen, Fröschen, Wasserläufern und auch ein paar kleinen Schlangen.

Der weitere Aufstieg war nicht minder schön, es ging durch Waldstücke über kleine, teilweise abenteuerliche Brücken bis hinauf auf einen Ausläufer des Lakatnik. Der Blick von da ist atemberaubend und wir sind wieder einmal dankbar für die Schönheit der Natur und dafür, dass wir hier sein dürfen.

Neben der schönen Wanderung in der Natur sind es vor allem die Gespräche mit Jenny und Roland, die uns immer wieder bewegen und unseren Gedanken neue Richtungen geben. Denn genau darum geht es oft: um die Macht unserer Gedanken oder noch genauer: die Kraft unserer Vorstellung. Gemäß dem Motto: „Sei vorsichtig was Du dir wünschst!“ lenkt Roland unsere Gespräche auch immer wieder genau darauf: wir sind selbst die Gestalter unserer Realität und es beginnt immer mit unserer Vorstellung von etwas. Positive Gedanken, eine genaue Vorstellung der eigenen Ziele und dann eben auch den Mut diese zu verfolgen sind die Schlüsselelemente für ein gutes Leben. Diese und noch viele weitere Erkenntnisse sind bei den Beiden tief verankert, werden aktiv gelebt sowie gern und zwanglos geteilt. Für diese Bereicherung sind wir wieder einmal sehr dankbar! 🧡🙏

So verging die Wanderung in bester Laune, der auch die Erkenntnis, dass wir den gleichen Weg hinunter wie hinauf nehmen werden, keinen Abbruch tat. Im Gegenteil, wir nutzten noch einmal die Chance zur Erfrischung im Fluss und trafen kurz vor der Abfahrt auch noch das deutsch-bulgarische Pärchen Marina und Micha, die uns kurzerhand auf einen Tee in ihr kleines Häuschen am Wegesrand im Tal einluden. Die Begegnung war etwas bizarr. Die Dame war aufgeschlossen, witzig und gleichzeitig sehr vereinnahmend, der Herr Wissenschaftler redselig und ihr Häuschen durch längere Abwesenheit muffig und reparaturbedürftig.

Das schien die beiden aber gar nicht zu stören und so saßen wir gemeinsam auf dem Balkon, tranken Tee und schwatzten über die Schönheit und scheinbaren Gefahren in Bulgarien (Stichwort „Zapp-Zarapp“). Mitten im Gespräch kam Micha plötzlich mit zwei Skorpionen im Glas aus dem Haus und meinte diese kamen gerade aus der Spüle gekrochen. Das kann hier schon mal passieren. Er kippte sie über den Balkon ins Gebüsch und schenkte sich kurz darauf seinen Tee in genau das Glas. Nemo Problema.

Nachdem wir uns verabschiedet hatten, ging es zurück durchs das Balkangebirge bis zu einer wunderbaren Stelle an einem Nebenfluss der Iskar. An solchen Stellen mit solchen Menschen macht Wildcamping richtig Freude! Wir kochten ein leckeres Abendessen – es gab Zucchini-Kartoffel-Suppe und Polenta mit Spiegelei – und verbrachten den Abend entspannt am Lagerfeuer.

Der nächste Morgen leitete den vorläufigen Abschied ein, doch zuvor gab es noch ein Rollenspiel unter der Regisseurin Hannah Orbanz 🎭📽️ 🥰. Es gab: „Die Prinzessin, die Monster und die Superheldin“. Dazu hatte Hannah Masken gebastelt und Texte ausgedacht, die Sindy dann, quasi als Drehbuch, zu Papier brachte. Wir hatten alle einen Heidenspaß und die dabei freigesetzte Freude machte uns den Abschied etwas leichter.

Diese Tage waren wunderbar und haben unsere noch junge Freundschaft vertieft und gefestigt. Wir freuen uns schon auf ein Wiedersehen hier im Balkan-Gebirge.

Freundschaft

Sechs wunderschöne Tage mit unseren Freunden Alex & Ari mit Milo und Iva liegen nun schon wieder hinter uns und es war wieder einmal wie Urlaub im Urlaub.

Wir durften wieder den Luxus einer aufgeräumten und gut ausgestatteten Küche (inklusive Geschirrspüler), eines sauberen und funktionalen Bades und generell klimatisierten Räumen genießen.

Alex‘ ganzer Stolz ist derzeit der neue Pool, den wir gleich nach der Ankunft ausgiebig testeten. Als Pool-Besitzer und damit auch Poolboy hat man natürlich auch Pflichten, denen Alex täglich mit Begeisterung nachging.

Von den ersten Tagen bei Alex‘ Familie hat Sindy ja bereits im letzten Blogeintrag berichtet. Dem ist nicht viel hinzuzufügen, außer ein paar Details zu Dingen, die eben typisch bulgarisch sind und sich uns ohne Alex‘ lokale

Verbindung im Dorf nicht so erschlossen hätten.

Der Umgang mit Alex & Familie im Dorf ist sehr freundlich und herzlich, was natürlich vor allem daran liegt das Alex perfekt bulgarisch spricht und zudem selbst immer zu einem Schwatz aufgelegt ist.

Viele geben gern etwas aus dem eigenen Garten mit, derzeit vor allem Tomaten. So standen in den letzten Tagen auch zwei mal gute gefüllte Stiegen mit großen Tomaten schon früh morgens vor der Tür.

Sehr schön ist auch die Tradition Abends Chopska-Salat (Tomate, Zwiebel, Knoblauch, Käse, Öl, kein Salz oder Pfeffer), Käse und Wurst zum „picken“ hinzustellen. Das Ganze wird dann mit dem regional (also hier im Dorf :-)) hergestellten Traubenschnaps Rakiya (ракия) und eventuell noch Airan, angesäuerter Milch mit einer Prise Salz, genossen.

Selbstgemachte Blätterteigtaschen mit Spinat (Baniza), Salat und natürlich Rakiya gab es auch an dem Abend bei Alex‘ & Aris „bulgarischer Omi“ (keine wirkliche Verwandte, aber eben wie die Oma im Dorfe) – sie sagte dazu „wir trinken einen kleinen Medizinischen“. Das taten wir dann auch intensiv und nachdem wir einen halben Liter weg hatten, sagte aber auch sie zu Alex: „Du säufst wie ein russischer Kossak“. Wir verließen die Omi in bester Laune und bepackt mit allerlei Gaben. Darunter eingelegtes scharfes Gemüse („Wenn Du das essen, Du kannst nach Deutschland rennen“) und ein Fläschchen Kräuterschnaps nach Maria von Theben.

Ich hatte wohl den Abend etwas zu viel Medizin, denn in der Nacht plagte mich leichtes Unwohlsein – das ich aber in Igelstellung und mit Hilbies Hilfe gut überstanden habe.

Der nächste Tag lief dementsprechend entspannt an, gegen Mittag entschieden wir uns dann den Räucherofen anzuwerfen und lecker Fisch zu räuchern. Gesagt getan: in Sozopol gab es exzellente Auswahl und wir starteten unseren Räucherversuch mit einer Forelle, einer Makrele und zwei schönen Filets vom russischen Stör. Das Ergebnis war Ok, mit etwas mehr Geduld und Gewürzen wäre es perfekt gewesen. Dank unserer Mädels und deren Kartoffel-Tomaten-Käse-Aufläufen war das Abendbrot aber richtig lecker und wir ließen den Abend bei einer Runde „Browl Stars“, einem derzeit angesagten Handy-Spiel, unter der Anleitung von Milo ausklingen.

Am nächsten Tag standen shoppen und Aktion (sprich: Äktschn) auf dem Programm: nach einem kleinen Spaziergang ging es an einen sehr schönen Strand am Rande Sozopols und im Laufe des Tages dann auch für die Jungs auf das „Sofa“: einer runden Riesenluftmatraze die durch einen Jet-Ski im hoher Geschwindigkeit übers Wasser und bis an die Grenzen unserer Belastbarkeit gezogen und geschleudert wurde. Abgefahren. Der darauffolgende Muskelkater hat uns noch mehrere Tage begleitet.

Der Abend wird mir in guter Erinnerung bleiben: bei lecker Gin-Tonic, deutsch-bulgarischem Salat, regionaler Wurst und Aris cooler Playlist schwelgten wir in Erinnerungen und feierten unsere Freundschaft.

Den letzten Tag ließen wir es auch wieder ruhig angehen und bereiteten uns und vor allem Hanni auf die bevorstehende Weiterreise vor. Iva wird ihr sicher fehlen, sie hat die Tage mit ihrer neuen Freundin sehr genossen.

Insgesamt war der Aufenthalt also erlebnisreich, komfortabel und entspannt.

Wir sind sehr dankbar für die Möglichkeit unsere Freundschaft vertiefen und wieder eine neue schöne Erinnerung hinzufügen zu können. Das ist einfach wunderbar.

дружба.

Rückblick: auf Rumäniens Straßen

Bevor die Erinnerung an Rumänien verblasst möchte ich noch einmal meinen Wahrnehmungen auf Rumäniens Straßen Raum geben.

Den die Er-Fahrung dieser Straßen ist durchaus bemerkenswert. Die Qualität selbiger reicht von Feldweg bis autobahn-ähnlich, wobei die holprige und oft reparaturbedürftige Dorfstraße klar überwiegt.

Das fahren fühlt sich daher eher wie Boot fahren an, unser Luigi schwankt und wiegt sich allerdings meist sehr gutmütig durch die Unebenheiten.

Bahnübergänge sind immer und ausschließlich im Schritttempo zu überfahren, bei Unaufmerksamkeit droht echter Schaden am Fahrzeug.

Auch und besonders bemerkenswert sind jedoch die uns umgebenden Verkehrsteilnehmer. Nicht nur das uns die hohe Dichte an hochwertigen und teuren – meist deutschen – Fahrzeugen immer wieder überrascht, auch das aus den Fahrzeugen wo immer es geht (oder oft auch eigentlich nicht mehr) alles rausgeholt wird, lässt uns immer wieder staunen. In den ersten Wochen oft mit Schrecken, mittlerweile mit deutlich mehr Gelassenheit.

Das Motto lautet: „Wenn sich eine Lücke andeutet, nutze sie mit allem was die Karre hergibt.“ Und die Entgegekommenden helfen mit, Schlimmes zu verhindern. Das funktioniert ziemlich gut.

Durch das Training mit Bogdans klapprigen Suzuki sind wir mittlerweile auch ganz gut mit unterwegs, selbst die häufigen und für mich anfangs sehr gewöhnungsbedürftigen Kreisverkehre haben ihren Schrecken verloren. Links blinken, bei der ersten Lücke mit Vollgas in den inneren Kreis fahren und dann rechtzeitig wieder rechts blinken und mit Mut nach außen ziehen. Wenn alle mitmachen gibt es außer einem gelegentlichen Huper nichts weiter zu befürchten.

Hupen ist jedenfalls sehr beliebt, vor allem wenn es zu langsam geht. Dann fährt der genervte Rumäne im „Siebener“ eben auch hinter dir oder dem LKW vor dir Schlängellinien. Wenn es allerdings beim Überholmanöver mal eng wird, wird gnädig gebremst und eine Lücke geschaffen. Hupen habe ich dabei noch nicht gehört.

Den Rang „Autofahrnation Nr. 1“ haben aus meiner Sicht mittlerweile die Rumänen inne. Die neuesten Modelle und oft die Großen davon, sind, wie bereits erwähnt, schwer angesagt und werden mit stolz geschwellter Brust hergezeigt. Jedes Kuhdorf hat außerdem mindestens eine Autowaschanlage, so dass der Glanz immer gewahrt bleiben kann.

Das Auto ist ein Statussymbol und repräsentiert die offensichtlich noch nicht so lange gestärkte Kaufkraft der Rumänen (hoffentlich nicht nur „auf Pump“). Es erinnert mich irgendwie an die Nachwendezeit bei uns. Alles ist plötzlich verfügbar und wer irgendwie kann, zeigt es stolz her.

Und so stehen eben vielerorts die glänzenden Neuwagen vor abgewrackten oder halbfertigen Hütten und Häusern.

Denn gebaut wird in Rumänien überall. Jedoch offensichtlich oftmals ohne das notwendige Durchhaltevermögen. Über die Wochen prägen wir dazu den etwas gemeinen und unkorrekten Satz: „Es würde gebaut werden können wollen. Wir fangen aber schon mal an.“. Die Menge an unfertigen, brach liegenden und teilweise sehr ambitionierten Bauprojekten ist wirklich beeindruckend. Daneben fahren wir auch durch Dörfer wo ärmliche Hütten in oft blühenden Gärten zur Selbstversorgung stehen und Kinder auf den Straßen Bohnen, Himbeeren oder andere Dinge verkaufen. Die Kontraste sind also teilweise sehr deutlich.

Ich interpretiere das als Zeichen das viele Menschen in Rumänien eben doch noch mit verkrusteten Strukturen und schwierigen Rahmenbedingungen zu kämpfen haben. Die Gespräche mit Einheimischen bestätigen das.

Was uns ebenso immer wieder auffällt, ist die starke Präsenz von deutschen Ladenketten. DM, Lidl, Kaufland und Co. sind stark vertreten und gut besucht. Die Preise sind dabei den deutschen ebenfalls sehr ähnlich. Daneben gibt es jede Menge Mini-Märkte in den Ortschaften, die vor allem die preiswerteren Produkte (und damit auch oft eher das ungesunde Zeugs) vertreiben.

Alles in allem zeigt sich Rumänien also sehr vielfältig mit klaren Tendenzen es der westlichen Welt – und da vor allem Deutschland – gleichzutun.

Es bleibt (wie überall) zu hoffen, dass dabei nicht das Ursprüngliche des Landes auf der Strecke bleibt und dem Konsum alles andere untergeordnet wird.

H2O

In Bogdans Reich

In der dritten Woche unseres Aufenthaltes bei den „Bogdans“ in Rásnov ist es mir ein Bedürfnis diesen besonderen Ort und ein paar unserer Erlebnisse hier genauer zu beschreiben.

Neben den ziemlich normalen Stadthaus, welches sie erst dieses Jahr gekauft haben, haben die Bogdans vor sieben Jahren 1.5 Hektar Waldland in den Ausläufern der Karpaten gekauft und darauf direkt ein Haus selbst gebaut.

Der Zugang zum Grundstück erfolgt über einen stark zerklüfteten Feldweg, so dass wir uns entschieden haben unseren Luigi in der Stadt zu lassen und uns hier in einem alten herumstehenden Wohnwagen (mit dem die Bogdans 2013 für neun Monate zu fünft (!) Europa bereisten) kurzfristig einzurichten. Im Nachhinein eine super Entscheidung, ohne die wir einige Erfahrungen nicht so intensiv hätten machen können.

Das Haus ist fast in reiner Eigenleistung gebaut, mit Unterstützung durch Reisende, die ihre Fähigkeiten bestmöglich mit eingebracht haben. Der Elektriker z.B. kam irgendwo aus Afrika :-). Das Haus ist zu großen Teilen aus recycelten bzw. gebrauchten Materialien gebaut. Das heißt vor allem auch, dass hier nichts Standard ist. Jedes Fenster ist anders, jeder Boden, es gibt eigentlich keine geraden Wände – diese sind aus Strohballen und Lehm geformt, das Grundgerüst ist natürlich Holz, das Dach ist aus Blech. Dabei ist das Haus sozusagen organisch gewachsen und immer wieder verbessert worden. Natürlich ist es aber bis heute nicht fertig, das gesamte Obergeschoss wartet noch auf den Ausbau.

Es gibt hier keinen Strom- und Wasseranschluss, beides wird selbst erzeugt bzw. gefördert. Zusammen mit dem kleinen Garten und den Nachbarn die Milch, Käse, Fisch und Fleisch produzieren ist das ein wirklich unabhängiger Ort.
Wobei die Familie auch ganz „normal“ einkaufen geht und dabei versucht naturgerecht zu konsumieren. Das gelingt auch hier nur teilweise.

Solaranlage

Auch wenn das alles sehr idyllisch klingt, muss man das richtig wollen. Die ersten Jahre hier waren ohne jeglichen Komfort (heißt also „durchziehen“), das Klima ist kühl-feucht (im Sommer im Vergleich zur Stadt sehr angenehm) und die Winter rauh.

Ich habe noch niemals einen solchen Ort – irgendwie abseits der Zivilisation aber dennoch nah dran – erleben dürfen und bin sehr dankbar, dass uns unser Weg hierher geführt hat.

Dabei ist der Aufenthalt für uns nicht immer einfach, es gibt zahlreiche Herausforderungen denen wir uns stellen dürfen oder bereits durften.

Da sind zuallererst einmal die blutsaugenden Insekten: diese haben vor allem mich entdeckt und ich habe unzählige Stiche und sicher schon einen halben Liter Blut unfreiwillig abgegeben.

Die nächste Herausforderung sind die Hunde: nicht nur das die eigenen zwei Hund halbe Kälber sind, nein, die Hunde in der Umgebung sind teilweise noch größer und für uns schwer berechenbar.
So war ich einen Tag mit Bogdans Freund César im Wald laufen, als uns nach ca. 1.5km erst zwei und kurz darauf fünf Schäferhunde zum geordneten Rückzug zwangen. Wilde große Kerle die unmissverständlich klar machten: das hier ist unser Gebiet. César blieb cool und redete und pfiff ruhig auf die Hunde ein und wir gingen langsam Rückwärts (wegrennen nützt wohl nichts, hätte ich aber allein sicher getan) bis sie von uns abließen. Also einfach mal loswandern hier ist für uns schwierig, wir verlassen uns
somit auf die offiziellen Wandergebiete.

Eines Nachts war zudem einer der Hunde namens Albush ausgebüchst und ich ich war hart an meiner Grenze den Kollegen einzufangen und einzusperren. Ich glaube er hatte letztendlich Mitleid mit mir und hat es dann geschehen lassen. Meine Angst war sicher für ihn gut spürbar. Früh um fünf befreite ich dann noch den zweiten und noch größeren, zotteligeren Hund namens Zora von ihrer verhangenen Kette. Seitdem sind wir irgendwie Kumpels :-).

Für Hundekenner und Liebhaber sicher alles kein Problem und für mich eine gute Schule – aber eins ist Fakt: ich bin und bleibe ein Katzenmensch 🐱.

Eine weitere Herausforderung ist das schlafen im bzw. am Wald: eine diffuse Angst bemächtigt sich meiner und ich muss mir immer wieder klar machen, dass dazu kein Grund besteht. Das wird durch irgendwelches Getier unter unserem Wohnwagen immer wieder erschwert. Manchmal glauben wir auch, dass Mäuse unter den Klappen auf denen wir schlafen unterwegs sind. Und pullern gehen draußen im Dunkeln mit all den Insekten, halbwilden Hunden und anderen Tieren – da klopft das Herz schon mal etwas schneller. Und ich dachte immer ich bin ein Naturbursche…

Klingt schon etwas lächerlich, ist aber dennoch meine aktuelle Realität. Zum Glück habe ich die Toilette in Stand gesetzt, falls nötig kann nun auch drinnen gepullert werden =).

Zu guter Letzt noch einmal die permanente Herausforderung Sauberkeit: das läuft hier einfach auf einem anderen Level ab. Und es scheint der Familie gut damit zu gehen! Mittlerweile haben wir uns aber auch daran gewöhnt bzw. machen unser Ding wenn es nötig ist. Laut Aussage von Bogdan sind die Kids auch fast nie krank und sehr robust. Interessant.

Ja, das alles sind eher Kleinigkeiten (und „Es ist nur in deinem Kopf“) und zeigt mir deutlich wie viele Komfortzonen und hohe Standards in meinem bzw. unserem Leben eben Normal sind. Ob wir das alles so brauchen ist eine sehr gute Frage.

Die positiven Eindrücke überwiegen bei Weitem: die Nähe zur Natur, der tolle tägliche Ausblick auf die Berge, baden im eiskalten Gebirgsfluss, barfußlaufen, gemeinsam kochen, wandern und vor allem unsere Projekte hier machen riesigen Spaß.

Jedes dieser Projekte hat natürlich einen passenden Namen – so auch das erste welches wir in Angriff genommen haben: „Warm water for Bogdan“.

Dabei habe ich mit Bogdan das Gerüst, welches die Warmwasseraufbereitung (Solar) trägt, instandgesetzt. Das Ganze war etwas abenteuerlich, weil die Konstruktion eben schon stark marode war und eigentlich komplett neu aufgebaut werden müsste. Aus Ressourcenmangel musste aber das Bestehende irgendwie instandgesetzt werden, was dann letzendlich mit Wagenheber und Metallstützen gelang.

Das nächste Projekt „Stairway to heaven“ war eine Treppe, die die untere Wiese mit den Wohnwagen mit dem auf der oberen Wiese stehenden Wohnhaus verbindet. Einfach in den Hang gehauen, Bretter an die Stufenfront, die Trittflächen mit Steinen belegt und mit Mörtel verfugt – macht sie zumindest aktuell einen stabilen Eindruck.

Der Wohnwagen in dem wir nun gerade beheimatet sind, wurde durch das Projekt „TurtlePower“ wieder per Solarpanel und Autobatterie mit Strom versorgt (Kommentar Sindy: „Wir brauchen keinen Strom, wir brauchen sauberes Wasser.“ Wird noch.) und im Zuge des Projektes „Blooming Roses“ mit hängenden Blumenhaltern und selbstgebauten Balkonkästen verschönert. Der Wohnwagen ist nun wirklich gemütlich und auch das Wasser fließt – allerdings mangels sauberen Wassertank noch nicht nutzbar und zudem zeitgleich aus der Dusche wenn man in der Küche das Wasser anstellt. Darum darf sich aber der nächste Gast kümmern :-).

In den letzten Tagen haben wir das Wohnmobil der Familie mit bemalt, die nächste Woche damit nach Griechenland fahren wollen. Eine meditative Tätigkeit. Ein Teil von uns fährt nun also immer mit – irgendwie ein schönes Gefühl.

Es ist wunderbar Kleinigkeiten mit beitragen und dabei sehr frei und ohne jeglichen zeitlichen Druck mitmachen zu können. Das Zusammenleben gestaltet sich unglaublich locker und eben „Free-style“.

Diese Grundhaltung wird durch den engen Austausch mit Bogdan und Nicoletta immer wieder deutlich. Vor allem die Gespräche am Lagerfeuer geben mir dabei Einblicke in die Gedankenwelt von Bogdan. Dabei stimme ich nicht mit allem überein, viele Ansichten teile ich jedoch und fühle mich sogar bestärkt.

Auf meine Frage, wie oft er denn an dem Projekt „Leben im Wald“ beim umsetzen gezweifelt habe, schaut er mich etwas verwundert an. „Ich habe das gewollt und alle auftretenden Probleme betrachte ich als Chance etwas Neues zu lernen.“ Kein großes Handern, sondern eine Lösung suchen und umsetzen. „Live is a puzzle“ – und wenn Du etwas richtig willst und alles dafür tust, kommt auch alles zur rechten Zeit. So hat er auch zwei Jahre auf die Glasfront im Wohnzimmer gewartet und bis dahin das 2×2 meter große Loch in der Wand mit Folie verdeckt. Denn er wollte keine fertige Lösung kaufen sondern eben Altes recyclen. Klare Linie. Nach zwei Jahren kam plötzlich die heutige Glasfront über Kontakte hierher und passte sofort perfekt in das Loch. Witzig und doch für mich (bisher) unvorstellbar.

Auch betrachtet er Emotionen wie Ärger, Wut, „etwas jetzt unbedingt haben oder tun wollen“ als Herausforderung und trainiert sich selbst diesen eben nicht immer nachzugeben. Und das kann man vor allem im Umgang mit seinen vier Kids spüren. Zum abgucken.

Auch die ständigen Planänderungen hier gehören zum Programm und werden meist gelassen oder mit Humor hingenommen – dann wird aber auch sofort losgelegt. Nicht immer „Quality first“, aber mindestens ausreichend. Das ist der hier vielbeschworene „Latin-Way“.

Das er dem Darwinismus und der Evolutionstheorie skeptisch gegenübersteht: „Glaubst Du wirklich, dass das was wir heute sind durch Evolution aus dem Affen entstanden ist?“ ist nicht meine Meinung, aber die Frage ist dennoch gut. Wir verschleißen uns jedoch nicht mit Meinungsverschiedenheiten, jeder darf seine Weltsicht behalten und bei Bedarf neue Einsichten integrieren.

Auf jeden Fall teile ich die Einstellung: „Alles ist möglich, wenn Du dir deiner wahren Ziele bewusst bist und alles dafür tust.“ sehr und finde hier einen Ort und vor allem Menschen die diese bestätigen.

Dem ist nichts hinzuzufügen.
Namaste.