Merhaba Istanbul
Wir sind nun bereits mehrere Tage in Istanbul und es wird Zeit einige Gedanken und Gefühle zu unserem ersten gemeinsamen Türkeibesuch niederzuschreiben – diesmal als Gemeinschaftswerk von Hilbi und Orbi 😊.
Vergangenen Samstag verbrachten wir viele Stunden auf den Straßen, die Grenzüberfahrt verlief problemlos, wenngleich mit einiger Wartezeit. Unseren Coronatestzettel wollte niemand sehen, dafür wurde Luigi desinfiziert 😁.

Die Einfahrt in die Stadt war bereits spektakulär und wir waren geschafft aber happy und aufgeregt zugleich.
Einen Tag vorher hatten wir uns über airbnb.de eine Wohnung gebucht und waren begeistert als wir diese betraten. Gemütlich eingerichtet, perfekt ausgestattet, sehr sauber und das für 26€/Nacht – Wahnsinn!!
Luigi parkten wir direkt um die Ecke auf einem 24/7-bewachten Parkplatz für 4€/Tag.
Am Sonntag ruhten wir uns aus, erkundeten „unser Viertel“ und studierten Reiseführer und Stadtplan.
Seit Montag sind wir nun täglich auf Stadttour, dafür laufen wir 10 Minuten zur Bahnhaltestelle und sind nach 4 Stationen und etwa 15 Minuten Fahrt mitten im Zentrum.
Die Stadt selbst ist für uns kaum fassbar. Riesig und facettenreich umgibt sie uns und macht es uns nicht leicht uns gefühlsmäßig und örtlich zurechtzufinden.
Es gibt unzählig viele Stadtteile, Altstädte, Kulturzentren, Einkaufspassagen, Uferpromenaden…und das alles in verschiedenen Ausprägungen, eingebettet in sieben Hügel und miteinander durch von Grün durchwebten Wohngebieten verbunden. Ca. 15 Millionen Menschen leben hier, hinzu kommen einige Millionen Touristen und hunderttausende Katzen (dies ist so besonders, daß wir ihnen einen extra Blogeintrag widmen werden). Nochmal: es ist kaum fassbar. In den Zentren ist es voll, laut und pulsierend. Abseits der Hauptwege findet man aber auch ruhigere und ebenfalls interessante Gassen. Überall sieht man Geschäfte, Restaurants, Essenstände, Autos, Menschen, türkische Fahnen und Abbildungen von Atatürk. Erdogan ist (bisher) für unsere Wahrnehmung eher unterrepräsentiert.
Das Essen hier ist der Hammer!! Von Obst und Gemüse, über Snacks und Vorspeisen, Hauptspeisen und nicht zu vergessen Süßwaren ist alles frisch und mit viel Liebe zubereitet. Wir kommen aus dem Schlemmen nicht heraus 😋.
Die Stadt hat natürlich viele Moscheen, die meist wunderschön aussehen und rege von Einheimischen und Touristen genutzt werden.
Rein kommen Mann und Frau nur barfuß und in langer Kleidung, die Frauen brauchen zudem ein Kopftuch. Innen geht’s entspannt zu. Der Fußboden ist immer mit Teppich ausgelegt und lädt zum gemütlichen Lümmeln ein. Also ein Ort der Entspannung und des Gebets.

Zum Gebet werden Frauen und Männer aber getrennt. Dies wird fünf mal am Tag zelebriert und regt auch den Körper an, denn zum Gebet gehören etliche Verbeugungen :-). Gleich am ersten Tag nahmen wir an einer Gebetszeit in der Hagia Sophia teil. Ein besonders geschichtsträchtiges und das wohl umstrittendste Gebäude in Istanbul. Denn sie war rund 1.000 Jahre eine Kirche der Christen und teilweise das wichtigste Gotteshaus überhaupt. Bis zum Fall der Stadt 1453 durch die Eroberung durch Sultan Mehmed II., woraufhin die Kirche einige Jahrhunderte zu einer Moschee und ab 1934/35 zu einem Museum wurde. Seit dem 24. Juli 2020 ist sie auf Anordnung von Erdogan wieder eine Moschee.
Neben den Moscheen sind da natürlich noch die Märkte, die uns in ihren Bann ziehen und einige Überraschungen für uns bereit halten. In jedem Falle sind sie voll von exotischen Dingen und gewitzten Händlern. Davon werden wir noch berichten.
Und dann ist da noch der Bosporus sowie das Goldene Horn – der Bospurus trennt die Kontinente und damit auch die Stadt in den europäischen und den asiatischen Teil. Außerdem verbindet er das Marmarameer mit dem Schwarzen Meer. Das Goldene Horn trennt zudem den europäischen Teil in zwei Seiten. Über Fähren, Touristenschiffe, U-Bahn und Brücken sind alle drei Teile gut miteinander verbunden. Eine schöne Rundtour per Schiff auf dem Bosporus dauerte für uns etwa anderthalb Stunde und kostete 25 Lira (ca. 2.50 €) pro Person, wobei Hanni noch frei fuhr. Wir waren schlichtweg begeistert, von der Silhoutte der Stadt aber auch vom Preis.
Unser Wohnbezirk namens Bakırköy ist ein echter Glücksfall für uns. Etwas Abseits von den Touristenzentren wohnen wir mitten unter dem hiesigen Mittelstand. Es geht ruhig und gemütlich zu: es gibt viele kleine Läden, vor denen oft die Besitzer mit ihren Kunden sitzen, den typisch türkischen Tee trinken und palavern. Dazu wird geraucht als ob es kein Morgen gäbe – Alkohol trinkende Menschen sieht man hingegen nur sehr vereinzelt.
Die Menschen hier in Istanbul sind einfach zum lieb haben. Sie sind offen, freundlich und sehr herzlich. Wir fühlen uns richtig wohl und genießen viele Begegnungen und kurze Gespräche auf der Straße, auf dem Basar oder im Café.
Hannah ist ein echter Herzensöffner: mit ihren blonden Haaren und ihrer Lebenslust bringt sie uns schnell mit anderen ins Gespräch und ins Geschehen. Fast jeder hat mindestens ein Lächeln für sie übrig, oft wird ihr über das Haar gestreichelt, ab und zu gibt’s auch mal eine Süßigkeit oder sie darf für ein Foto herhalten 😁.
Direkt rund um unsere Wohnung gibt es alles was wir brauchen: auf der einen Seite den gutbestückten Obst-, Gemüse- und Lebensmittelladen, auf der anderen die Teestube mit Leuten, die interessiert und des Englischen mächtig sind.
Auch hier ist natürlich und bekanntlich nicht alles in bester Ordnung. Jans neue Kumpels von der Teestube gegenüber fragten, ob die Preise hier für uns niedrig sind. Und das sind sie auf jeden Fall! In den letzten Jahren haben sich die Preise hier wohl verdreifacht und gleichzeitig steckt die Türkei in politischen und wirtschaftlichen Krisen. Viele Menschen sind arbeitlos oder verdienen nur sehr wenig. Auf die Frage nach meiner Religion antworte ich zaghaft aber wahrheitsgemäß: „Atheist“ und ernte wieder erwarten freudige Gesichter und etliche „Fäuste“. Zumindest in der Teestube sind nach eigener Aussage viele Schamanen und bieten mir sofort ihren Zaubertrank, süßen dicken Maulbeersaft („Trank von Asterix“), an. Zur Krönung kommt noch ein Derwisch hinein, er kommt direkt von „oben“ und verwickelt mich sofort in ein Gespräch, dessen Inhalt ich aber nicht wirklich verstehe. Es geht natürlich um Jesus & Co. und alle amüsieren sich köstlich.

Aber zurück zu Preisen und Umgebung: einmal Essen gehen zu dritt in einem gutbürgerlichen Restaurant ungefähr 6-10 €, auf Touristenstraßen auch mal um die 20 €. Ein Kilo Äpfel 20 – 30 Cent, Salatzutaten oder eine ordentliche Ladung Obst für 70 Cent.
Hannah kann mit allen öffentlichen Verkehrsmitteln noch umsonst fahren. Für den öffentlichen Nahverkehr gibt es die Istanbul-Card für ca. 1,50 €, die man mit Geld auflädt, pro Fahrt werden dann je nach Streckenlänge zwischen 40-90 Cent abgebucht Damit kommt man mit Bus, Metro/Marmaray und Fähre super durch die Stadt. Damit die Karte funktioniert muss man vorher einen sogenannten HES-Code erstellen lassen und dann über ein Webportal mit der Karte verknüpfen. Damit ist man jederzeit nachverfolgbar, da der HES-Code aus Namen, Geburtstag und Reisepassnummer generiert wird. Auch hier wird nachverfolgt was das Zeug hält und Corona liefert auch hier den offiziellen Grund. Schöne neue Welt. Dank zwei jungen Männern aus Turkmenistan, die direkt neben „unserer“ Bahnstation ein Café führen, bekamen wir das mit der Karte und dem Code auch hin 😁.
Auf den Basaren lernten wir auch schon für’s (türkische) Leben: z.B. auf dem beeindruckenden Gewürz-Basar kaufte ich (Jan) mein neues Lieblingsgewürz „Sumak“ beim eloquenten Verkäufer im schicken Laden. Das Kilo für 260 Lira. So viel wollte ich nicht, doch er hatte mich am Haken. Und so verließ ich den Laden mit 300g Sumak und 300g Kajun-Gewürz für 250 Lira (= 25€). Und weil ich so ein geschickter Händler bin, gab’s noch eine Packung Beuteltee für „EensFuftsch“ dazu. Zehn Minuten später war die Euphorie verflogen, außerhalb vom schicki-micki Basarbereich gabs das Kilo in ebenfalls sehr guter Qualität für 80 Lira.
Die Lerneinheit lautet also: „Wisse was Du kaufst!“ – und das bedeutet Qualität einschätzen zu können und das Preisniveau zu kennen. Qualität bezüglich Sumak hatte ich schon drauf, hatte nämlich den Tag zuvor schon auf einem anderen Basar schlechte Ware („… die Beste my friend“) gekauft. Nur den Preis hatte ich mir nicht gemerkt.
Also ich hoffe die Lektion sitzt jetzt :-).
Die Stadt hält uns weiter in ihrem Bann und auf Trab, eine Reizüberflutung ist bei uns allen nach wenigen Stunden zu verzeichnen 😁 aber dennoch haben wir in den letzten Tagen schon oft zueinander gesagt: „Man, was haben wir für ein geiles Leben“!! Abends fallen wir kaputt und müde ins Bett. Es ist gigantisch solch eine Stadt erleben zu dürfen und wir sind dankbar und glücklich, dass wir diesen Abstecher in eine etwas „andere Welt“ unternehmen dürfen! Wir bleiben nun noch bis Sonntag und dann geht es ab nach Griechenland.