Wir rollen wieder – ein Rückblick

Wir sind wieder unterwegs!!! Und das fühlt sich gut an. Wenn auch erst mal ganz vorsichtig: heute sind wir ganze 30km gefahren und in einem kleinen gemütlichen Campingplatz kurz nach Arad angekommen. Nach der Erfahrung der ungewollten Vollbremsung auf vielbefahrener Straße und tiefen Einblicken in hiesige Mechaniker-Methoden prüfe ich aller paar Kilometer die Temperatur der Felgen und ob irgendwo Flüssigkeit austritt.

Aber nun liege ich entspannt bei knapp 40° im Camping-Sofa vor dem Bus und kann die letzten Tage noch mal Revue passieren lassen.

Auch wenn die Panne schockierend war, so hatt(e) sie doch auch gute Seiten: wir durften tolle Menschen kennenlernen und haben Einblicke in deren Alltag nehmen dürfen.

Da ist zuallererst der Marmorhändler Semih, der den Telefonanruf in die Werkstatt bei der ersten Panne vom englischen ins türkische übersetzt hat. Er stand uns die gesamten Tage zur Verfügung und hat übersetzt und vermittelt wo immer nötig.

Dann sind da natürlich die Mechaniker (oder sind es Schmiede? 🤔😁) Osman und Mustafa „Musti“ – ein Kurde und ein Türke – die zusammen mit Mustis Bruder Ali die Werkstatt schmeißen. Mal alle deutschen Qualitätsansprüche bei Seite: ich habe selten Menschen erlebt, die so viel arbeiten und dabei so freundlich und locker bleiben. „No Problem“, wird schon. Ständig kommen neue Aufträge rein und während unser Bus dort war, wurden mindestens fünf Trucks und mehrere PKWs verarztet. Selbst Nachts und am Wochenende wird geschraubt wenn nötig. Improvisation und immer wieder der Quick-Fix ist eher Normalität als Ausnahme. Und das wir in der Werkstatt unser Geschirr abwaschen durften unterstreicht die lockere Atmosphäre.

Osman und seiner rumänischen Frau Amalia gebührt eine besondere Widmung: als wir in Not waren, haben sie uns mit ganzem Herzen geholfen. Sie haben für uns gekocht – und auch das mit voller Hingabe – und wir durften bei ihnen übernachten und einen ganzen Tag verbringen. Als wir nach der dritten Panne schon ein Hotel gebucht hatten, waren sie ehrlich betrübt. Diese Erfahrung der Nächstenliebe ist wirklich wunderbar und regt zum Nachdenken und Nachmachen an.

Diese selbstlose Hilfe muss auch erst einmal ertragen bzw. angenommen werden – wir wollen ja immer lieber Macher sein und die (scheinbare) Kontrolle haben. Hier waren wir abhängig und liebe Menschen waren für uns da. Religion, Herkunft, Finanzen: Scheißegal. Alles was zählt sind ein offener Geist und ein offenes Herz.

Ich war froh eine Kleinigkeit zurückgeben zu können: und habe den Werkstattlaptop repariert (inklusive legalem Office :-)).

Während der langen Wartezeiten in der Werkstatt habe ich verschiedene andere Menschen kennenlernen dürfen – entweder haben auch sie gewartet oder sind eben Freunde des Hauses und immer mal da. So zum Beispiel auch Fuat, der mir als Autohändler und mittlerweile Firmenteilhaber einer nicht mehr ganz so kleinen Logistikfirma geholfen hat, die Herangehensweise der Mechaniker zu verstehen und ein klein wenig zu lenken. Zum Beispiel hat er mit interveniert als der defekte Simmerring des Radlagers per Silikon abgedichtet werden sollte :-). Außerdem ist er Subaru-Fan und fährt Geländerennen – als ich ihm von unserem Massive Snowpark Verein und dem dort eingesetzten Subaru Impreza erzählt habe, hatte ich gleich noch einen Stein bei ihm im Brett. „Ich werde dein Problem behandeln als wäre es mein eigenes“. Was für ein Typ.

Zu guter Letzt sei noch Ali erwähnt. Den habe ich heute Früh in seinem Laden für Autoteile kennengelernt. Er spricht perfekt Deutsch und lud mich nach kurzem Gespräch zu einem Espresso ein und wir schwatzen über Gott und die Welt. Seine Ansichten sind nicht alle die meinen aber den Grundtenor kann ich voll mit tragen: „mehr Füreinander statt Gegeneinander“. Er gab mir seine Nummer für den Notfall: da er alle hier relevanten Sprachen und eben auch Deutsch spricht, kann er im Notfall immer vermitteln. Zum Abschied schenkt er mir noch eine Kleinigkeit – sie kostet mehr als die Sicherungen und das Öl, welches ich gekauft habe.

Diese Begegnungen sind es, die wir auf unseren Reisen suchen. Sie wahrzunehmen funktioniert nur mit einer Grundvoraussetzung: Zeit zum Reisen, sich treiben und mitnehmen zu lassen.

Unser Dank geht hiermit raus an diese wunderbaren Menschen mit denen wir nun irgendwie verbunden sind.

P.S. Gruß ans Universum: es braucht nicht immer eine Panne um irgendwo einzutauchen und tolle Menschen kennenzulernen 🙂

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