Auch auf Reisen vergeht die Zeit bekanntlich und wird vor allem rückblickend oder am Ende eines Projektes als zügig dahinrauschender Fluss wahrgenommen. Und so darf ich heute auf 43 Jahre Reise durch mein eigenes Leben zurückblicken.
Ich tue dies am Fuße eines Berges im Balkan-Gebirge im kleinen Örtchen Zverino. Ich liege unten in unserem Luigi, es ist noch früh am morgen und meine Mädels schlafen noch oben in der ersten Etage. Es ist ein schönes Gefühl so nah beisammen zu sein und nun so viele Erinnerungen und Erfahrungen miteinander zu teilen. Ich versuche diesen Moment zu genießen und für immer abzuspeichern.
Draussen stehen unsere lieben Freunde Roland und Jenny in ihrem Mercedes-Bus. Wir durften gestern noch einmal Zeit miteinander verbringen und taten das auf der Spitze ihres Berges in ihrem neuen Domizil.
Die Auffahrt war abenteuerlich, denn man kommt nur mit einem guten Allradfahrzeug in ca. 25 Minuten hinauf. Oben bietet sich ein grandioser Blick über die hiesige Bergwelt und wir genießen unseren Zusammensein mit Selbstgekochtem, Bier, Rakia, Tee und Schokolade. Für mich ist dies bereits der erste Teil meines Geburtstages.
Zusammen mit meinen Liebsten und neuen Freunden eine wunderbare Zeit verbringen. Es gibt nichts Schöneres!
Der zweite Teil folgt am eigentlichen Geburtstag beim gemeinsamen Frühstück und wir genießen erneut die gemeinsame Zeit.
Der weitere Tag ist geprägt von einer langen Etappe bis nach Rumänien hinein – wir sind im Heimfahrt-Modus und freuen uns jeden Tag mehr auf unsere Heimat.
Bevor die Erinnerung an Rumänien verblasst möchte ich noch einmal meinen Wahrnehmungen auf Rumäniens Straßen Raum geben.
Den die Er-Fahrung dieser Straßen ist durchaus bemerkenswert. Die Qualität selbiger reicht von Feldweg bis autobahn-ähnlich, wobei die holprige und oft reparaturbedürftige Dorfstraße klar überwiegt.
Das fahren fühlt sich daher eher wie Boot fahren an, unser Luigi schwankt und wiegt sich allerdings meist sehr gutmütig durch die Unebenheiten.
Bahnübergänge sind immer und ausschließlich im Schritttempo zu überfahren, bei Unaufmerksamkeit droht echter Schaden am Fahrzeug.
Auch und besonders bemerkenswert sind jedoch die uns umgebenden Verkehrsteilnehmer. Nicht nur das uns die hohe Dichte an hochwertigen und teuren – meist deutschen – Fahrzeugen immer wieder überrascht, auch das aus den Fahrzeugen wo immer es geht (oder oft auch eigentlich nicht mehr) alles rausgeholt wird, lässt uns immer wieder staunen. In den ersten Wochen oft mit Schrecken, mittlerweile mit deutlich mehr Gelassenheit.
Das Motto lautet: „Wenn sich eine Lücke andeutet, nutze sie mit allem was die Karre hergibt.“ Und die Entgegekommenden helfen mit, Schlimmes zu verhindern. Das funktioniert ziemlich gut.
Durch das Training mit Bogdans klapprigen Suzuki sind wir mittlerweile auch ganz gut mit unterwegs, selbst die häufigen und für mich anfangs sehr gewöhnungsbedürftigen Kreisverkehre haben ihren Schrecken verloren. Links blinken, bei der ersten Lücke mit Vollgas in den inneren Kreis fahren und dann rechtzeitig wieder rechts blinken und mit Mut nach außen ziehen. Wenn alle mitmachen gibt es außer einem gelegentlichen Huper nichts weiter zu befürchten.
Hupen ist jedenfalls sehr beliebt, vor allem wenn es zu langsam geht. Dann fährt der genervte Rumäne im „Siebener“ eben auch hinter dir oder dem LKW vor dir Schlängellinien. Wenn es allerdings beim Überholmanöver mal eng wird, wird gnädig gebremst und eine Lücke geschaffen. Hupen habe ich dabei noch nicht gehört.
Den Rang „Autofahrnation Nr. 1“ haben aus meiner Sicht mittlerweile die Rumänen inne. Die neuesten Modelle und oft die Großen davon, sind, wie bereits erwähnt, schwer angesagt und werden mit stolz geschwellter Brust hergezeigt. Jedes Kuhdorf hat außerdem mindestens eine Autowaschanlage, so dass der Glanz immer gewahrt bleiben kann.
Das Auto ist ein Statussymbol und repräsentiert die offensichtlich noch nicht so lange gestärkte Kaufkraft der Rumänen (hoffentlich nicht nur „auf Pump“). Es erinnert mich irgendwie an die Nachwendezeit bei uns. Alles ist plötzlich verfügbar und wer irgendwie kann, zeigt es stolz her.
Und so stehen eben vielerorts die glänzenden Neuwagen vor abgewrackten oder halbfertigen Hütten und Häusern.
Denn gebaut wird in Rumänien überall. Jedoch offensichtlich oftmals ohne das notwendige Durchhaltevermögen. Über die Wochen prägen wir dazu den etwas gemeinen und unkorrekten Satz: „Es würde gebaut werden können wollen. Wir fangen aber schon mal an.“. Die Menge an unfertigen, brach liegenden und teilweise sehr ambitionierten Bauprojekten ist wirklich beeindruckend. Daneben fahren wir auch durch Dörfer wo ärmliche Hütten in oft blühenden Gärten zur Selbstversorgung stehen und Kinder auf den Straßen Bohnen, Himbeeren oder andere Dinge verkaufen. Die Kontraste sind also teilweise sehr deutlich.
Ich interpretiere das als Zeichen das viele Menschen in Rumänien eben doch noch mit verkrusteten Strukturen und schwierigen Rahmenbedingungen zu kämpfen haben. Die Gespräche mit Einheimischen bestätigen das.
Was uns ebenso immer wieder auffällt, ist die starke Präsenz von deutschen Ladenketten. DM, Lidl, Kaufland und Co. sind stark vertreten und gut besucht. Die Preise sind dabei den deutschen ebenfalls sehr ähnlich. Daneben gibt es jede Menge Mini-Märkte in den Ortschaften, die vor allem die preiswerteren Produkte (und damit auch oft eher das ungesunde Zeugs) vertreiben.
Alles in allem zeigt sich Rumänien also sehr vielfältig mit klaren Tendenzen es der westlichen Welt – und da vor allem Deutschland – gleichzutun.
Es bleibt (wie überall) zu hoffen, dass dabei nicht das Ursprüngliche des Landes auf der Strecke bleibt und dem Konsum alles andere untergeordnet wird.
In der dritten Woche unseres Aufenthaltes bei den „Bogdans“ in Rásnov ist es mir ein Bedürfnis diesen besonderen Ort und ein paar unserer Erlebnisse hier genauer zu beschreiben.
Neben den ziemlich normalen Stadthaus, welches sie erst dieses Jahr gekauft haben, haben die Bogdans vor sieben Jahren 1.5 Hektar Waldland in den Ausläufern der Karpaten gekauft und darauf direkt ein Haus selbst gebaut.
Der Zugang zum Grundstück erfolgt über einen stark zerklüfteten Feldweg, so dass wir uns entschieden haben unseren Luigi in der Stadt zu lassen und uns hier in einem alten herumstehenden Wohnwagen (mit dem die Bogdans 2013 für neun Monate zu fünft (!) Europa bereisten) kurzfristig einzurichten. Im Nachhinein eine super Entscheidung, ohne die wir einige Erfahrungen nicht so intensiv hätten machen können.
Das Haus ist fast in reiner Eigenleistung gebaut, mit Unterstützung durch Reisende, die ihre Fähigkeiten bestmöglich mit eingebracht haben. Der Elektriker z.B. kam irgendwo aus Afrika :-). Das Haus ist zu großen Teilen aus recycelten bzw. gebrauchten Materialien gebaut. Das heißt vor allem auch, dass hier nichts Standard ist. Jedes Fenster ist anders, jeder Boden, es gibt eigentlich keine geraden Wände – diese sind aus Strohballen und Lehm geformt, das Grundgerüst ist natürlich Holz, das Dach ist aus Blech. Dabei ist das Haus sozusagen organisch gewachsen und immer wieder verbessert worden. Natürlich ist es aber bis heute nicht fertig, das gesamte Obergeschoss wartet noch auf den Ausbau.
Es gibt hier keinen Strom- und Wasseranschluss, beides wird selbst erzeugt bzw. gefördert. Zusammen mit dem kleinen Garten und den Nachbarn die Milch, Käse, Fisch und Fleisch produzieren ist das ein wirklich unabhängiger Ort. Wobei die Familie auch ganz „normal“ einkaufen geht und dabei versucht naturgerecht zu konsumieren. Das gelingt auch hier nur teilweise.
Solaranlage
Auch wenn das alles sehr idyllisch klingt, muss man das richtig wollen. Die ersten Jahre hier waren ohne jeglichen Komfort (heißt also „durchziehen“), das Klima ist kühl-feucht (im Sommer im Vergleich zur Stadt sehr angenehm) und die Winter rauh.
Ich habe noch niemals einen solchen Ort – irgendwie abseits der Zivilisation aber dennoch nah dran – erleben dürfen und bin sehr dankbar, dass uns unser Weg hierher geführt hat.
Dabei ist der Aufenthalt für uns nicht immer einfach, es gibt zahlreiche Herausforderungen denen wir uns stellen dürfen oder bereits durften.
Da sind zuallererst einmal die blutsaugenden Insekten: diese haben vor allem mich entdeckt und ich habe unzählige Stiche und sicher schon einen halben Liter Blut unfreiwillig abgegeben.
Die nächste Herausforderung sind die Hunde: nicht nur das die eigenen zwei Hund halbe Kälber sind, nein, die Hunde in der Umgebung sind teilweise noch größer und für uns schwer berechenbar. So war ich einen Tag mit Bogdans Freund César im Wald laufen, als uns nach ca. 1.5km erst zwei und kurz darauf fünf Schäferhunde zum geordneten Rückzug zwangen. Wilde große Kerle die unmissverständlich klar machten: das hier ist unser Gebiet. César blieb cool und redete und pfiff ruhig auf die Hunde ein und wir gingen langsam Rückwärts (wegrennen nützt wohl nichts, hätte ich aber allein sicher getan) bis sie von uns abließen. Also einfach mal loswandern hier ist für uns schwierig, wir verlassen uns somit auf die offiziellen Wandergebiete.
Eines Nachts war zudem einer der Hunde namens Albush ausgebüchst und ich ich war hart an meiner Grenze den Kollegen einzufangen und einzusperren. Ich glaube er hatte letztendlich Mitleid mit mir und hat es dann geschehen lassen. Meine Angst war sicher für ihn gut spürbar. Früh um fünf befreite ich dann noch den zweiten und noch größeren, zotteligeren Hund namens Zora von ihrer verhangenen Kette. Seitdem sind wir irgendwie Kumpels :-).
Für Hundekenner und Liebhaber sicher alles kein Problem und für mich eine gute Schule – aber eins ist Fakt: ich bin und bleibe ein Katzenmensch 🐱.
Eine weitere Herausforderung ist das schlafen im bzw. am Wald: eine diffuse Angst bemächtigt sich meiner und ich muss mir immer wieder klar machen, dass dazu kein Grund besteht. Das wird durch irgendwelches Getier unter unserem Wohnwagen immer wieder erschwert. Manchmal glauben wir auch, dass Mäuse unter den Klappen auf denen wir schlafen unterwegs sind. Und pullern gehen draußen im Dunkeln mit all den Insekten, halbwilden Hunden und anderen Tieren – da klopft das Herz schon mal etwas schneller. Und ich dachte immer ich bin ein Naturbursche…
Klingt schon etwas lächerlich, ist aber dennoch meine aktuelle Realität. Zum Glück habe ich die Toilette in Stand gesetzt, falls nötig kann nun auch drinnen gepullert werden =).
Zu guter Letzt noch einmal die permanente Herausforderung Sauberkeit: das läuft hier einfach auf einem anderen Level ab. Und es scheint der Familie gut damit zu gehen! Mittlerweile haben wir uns aber auch daran gewöhnt bzw. machen unser Ding wenn es nötig ist. Laut Aussage von Bogdan sind die Kids auch fast nie krank und sehr robust. Interessant.
Ja, das alles sind eher Kleinigkeiten (und „Es ist nur in deinem Kopf“) und zeigt mir deutlich wie viele Komfortzonen und hohe Standards in meinem bzw. unserem Leben eben Normal sind. Ob wir das alles so brauchen ist eine sehr gute Frage.
Die positiven Eindrücke überwiegen bei Weitem: die Nähe zur Natur, der tolle tägliche Ausblick auf die Berge, baden im eiskalten Gebirgsfluss, barfußlaufen, gemeinsam kochen, wandern und vor allem unsere Projekte hier machen riesigen Spaß.
Jedes dieser Projekte hat natürlich einen passenden Namen – so auch das erste welches wir in Angriff genommen haben: „Warm water for Bogdan“.
Dabei habe ich mit Bogdan das Gerüst, welches die Warmwasseraufbereitung (Solar) trägt, instandgesetzt. Das Ganze war etwas abenteuerlich, weil die Konstruktion eben schon stark marode war und eigentlich komplett neu aufgebaut werden müsste. Aus Ressourcenmangel musste aber das Bestehende irgendwie instandgesetzt werden, was dann letzendlich mit Wagenheber und Metallstützen gelang.
Das nächste Projekt „Stairway to heaven“ war eine Treppe, die die untere Wiese mit den Wohnwagen mit dem auf der oberen Wiese stehenden Wohnhaus verbindet. Einfach in den Hang gehauen, Bretter an die Stufenfront, die Trittflächen mit Steinen belegt und mit Mörtel verfugt – macht sie zumindest aktuell einen stabilen Eindruck.
Der Wohnwagen in dem wir nun gerade beheimatet sind, wurde durch das Projekt „TurtlePower“ wieder per Solarpanel und Autobatterie mit Strom versorgt (Kommentar Sindy: „Wir brauchen keinen Strom, wir brauchen sauberes Wasser.“ Wird noch.) und im Zuge des Projektes „Blooming Roses“ mit hängenden Blumenhaltern und selbstgebauten Balkonkästen verschönert. Der Wohnwagen ist nun wirklich gemütlich und auch das Wasser fließt – allerdings mangels sauberen Wassertank noch nicht nutzbar und zudem zeitgleich aus der Dusche wenn man in der Küche das Wasser anstellt. Darum darf sich aber der nächste Gast kümmern :-).
In den letzten Tagen haben wir das Wohnmobil der Familie mit bemalt, die nächste Woche damit nach Griechenland fahren wollen. Eine meditative Tätigkeit. Ein Teil von uns fährt nun also immer mit – irgendwie ein schönes Gefühl.
Es ist wunderbar Kleinigkeiten mit beitragen und dabei sehr frei und ohne jeglichen zeitlichen Druck mitmachen zu können. Das Zusammenleben gestaltet sich unglaublich locker und eben „Free-style“.
Diese Grundhaltung wird durch den engen Austausch mit Bogdan und Nicoletta immer wieder deutlich. Vor allem die Gespräche am Lagerfeuer geben mir dabei Einblicke in die Gedankenwelt von Bogdan. Dabei stimme ich nicht mit allem überein, viele Ansichten teile ich jedoch und fühle mich sogar bestärkt.
Auf meine Frage, wie oft er denn an dem Projekt „Leben im Wald“ beim umsetzen gezweifelt habe, schaut er mich etwas verwundert an. „Ich habe das gewollt und alle auftretenden Probleme betrachte ich als Chance etwas Neues zu lernen.“ Kein großes Handern, sondern eine Lösung suchen und umsetzen. „Live is a puzzle“ – und wenn Du etwas richtig willst und alles dafür tust, kommt auch alles zur rechten Zeit. So hat er auch zwei Jahre auf die Glasfront im Wohnzimmer gewartet und bis dahin das 2×2 meter große Loch in der Wand mit Folie verdeckt. Denn er wollte keine fertige Lösung kaufen sondern eben Altes recyclen. Klare Linie. Nach zwei Jahren kam plötzlich die heutige Glasfront über Kontakte hierher und passte sofort perfekt in das Loch. Witzig und doch für mich (bisher) unvorstellbar.
Auch betrachtet er Emotionen wie Ärger, Wut, „etwas jetzt unbedingt haben oder tun wollen“ als Herausforderung und trainiert sich selbst diesen eben nicht immer nachzugeben. Und das kann man vor allem im Umgang mit seinen vier Kids spüren. Zum abgucken.
Auch die ständigen Planänderungen hier gehören zum Programm und werden meist gelassen oder mit Humor hingenommen – dann wird aber auch sofort losgelegt. Nicht immer „Quality first“, aber mindestens ausreichend. Das ist der hier vielbeschworene „Latin-Way“.
Das er dem Darwinismus und der Evolutionstheorie skeptisch gegenübersteht: „Glaubst Du wirklich, dass das was wir heute sind durch Evolution aus dem Affen entstanden ist?“ ist nicht meine Meinung, aber die Frage ist dennoch gut. Wir verschleißen uns jedoch nicht mit Meinungsverschiedenheiten, jeder darf seine Weltsicht behalten und bei Bedarf neue Einsichten integrieren.
Auf jeden Fall teile ich die Einstellung: „Alles ist möglich, wenn Du dir deiner wahren Ziele bewusst bist und alles dafür tust.“ sehr und finde hier einen Ort und vor allem Menschen die diese bestätigen.
Wir sind wieder unterwegs!!! Und das fühlt sich gut an. Wenn auch erst mal ganz vorsichtig: heute sind wir ganze 30km gefahren und in einem kleinen gemütlichen Campingplatz kurz nach Arad angekommen. Nach der Erfahrung der ungewollten Vollbremsung auf vielbefahrener Straße und tiefen Einblicken in hiesige Mechaniker-Methoden prüfe ich aller paar Kilometer die Temperatur der Felgen und ob irgendwo Flüssigkeit austritt.
Aber nun liege ich entspannt bei knapp 40° im Camping-Sofa vor dem Bus und kann die letzten Tage noch mal Revue passieren lassen.
Auch wenn die Panne schockierend war, so hatt(e) sie doch auch gute Seiten: wir durften tolle Menschen kennenlernen und haben Einblicke in deren Alltag nehmen dürfen.
Da ist zuallererst der Marmorhändler Semih, der den Telefonanruf in die Werkstatt bei der ersten Panne vom englischen ins türkische übersetzt hat. Er stand uns die gesamten Tage zur Verfügung und hat übersetzt und vermittelt wo immer nötig.
Dann sind da natürlich die Mechaniker (oder sind es Schmiede? 🤔😁) Osman und Mustafa „Musti“ – ein Kurde und ein Türke – die zusammen mit Mustis Bruder Ali die Werkstatt schmeißen. Mal alle deutschen Qualitätsansprüche bei Seite: ich habe selten Menschen erlebt, die so viel arbeiten und dabei so freundlich und locker bleiben. „No Problem“, wird schon. Ständig kommen neue Aufträge rein und während unser Bus dort war, wurden mindestens fünf Trucks und mehrere PKWs verarztet. Selbst Nachts und am Wochenende wird geschraubt wenn nötig. Improvisation und immer wieder der Quick-Fix ist eher Normalität als Ausnahme. Und das wir in der Werkstatt unser Geschirr abwaschen durften unterstreicht die lockere Atmosphäre.
Mustafa „Musti“
vlnr: Amalia, Ich, Osman, Fuat
Osman und seiner rumänischen Frau Amalia gebührt eine besondere Widmung: als wir in Not waren, haben sie uns mit ganzem Herzen geholfen. Sie haben für uns gekocht – und auch das mit voller Hingabe – und wir durften bei ihnen übernachten und einen ganzen Tag verbringen. Als wir nach der dritten Panne schon ein Hotel gebucht hatten, waren sie ehrlich betrübt. Diese Erfahrung der Nächstenliebe ist wirklich wunderbar und regt zum Nachdenken und Nachmachen an.
Diese selbstlose Hilfe muss auch erst einmal ertragen bzw. angenommen werden – wir wollen ja immer lieber Macher sein und die (scheinbare) Kontrolle haben. Hier waren wir abhängig und liebe Menschen waren für uns da. Religion, Herkunft, Finanzen: Scheißegal. Alles was zählt sind ein offener Geist und ein offenes Herz.
Ich war froh eine Kleinigkeit zurückgeben zu können: und habe den Werkstattlaptop repariert (inklusive legalem Office :-)).
Während der langen Wartezeiten in der Werkstatt habe ich verschiedene andere Menschen kennenlernen dürfen – entweder haben auch sie gewartet oder sind eben Freunde des Hauses und immer mal da. So zum Beispiel auch Fuat, der mir als Autohändler und mittlerweile Firmenteilhaber einer nicht mehr ganz so kleinen Logistikfirma geholfen hat, die Herangehensweise der Mechaniker zu verstehen und ein klein wenig zu lenken. Zum Beispiel hat er mit interveniert als der defekte Simmerring des Radlagers per Silikon abgedichtet werden sollte :-). Außerdem ist er Subaru-Fan und fährt Geländerennen – als ich ihm von unserem Massive Snowpark Verein und dem dort eingesetzten Subaru Impreza erzählt habe, hatte ich gleich noch einen Stein bei ihm im Brett. „Ich werde dein Problem behandeln als wäre es mein eigenes“. Was für ein Typ.
Zu guter Letzt sei noch Ali erwähnt. Den habe ich heute Früh in seinem Laden für Autoteile kennengelernt. Er spricht perfekt Deutsch und lud mich nach kurzem Gespräch zu einem Espresso ein und wir schwatzen über Gott und die Welt. Seine Ansichten sind nicht alle die meinen aber den Grundtenor kann ich voll mit tragen: „mehr Füreinander statt Gegeneinander“. Er gab mir seine Nummer für den Notfall: da er alle hier relevanten Sprachen und eben auch Deutsch spricht, kann er im Notfall immer vermitteln. Zum Abschied schenkt er mir noch eine Kleinigkeit – sie kostet mehr als die Sicherungen und das Öl, welches ich gekauft habe.
Diese Begegnungen sind es, die wir auf unseren Reisen suchen. Sie wahrzunehmen funktioniert nur mit einer Grundvoraussetzung: Zeit zum Reisen, sich treiben und mitnehmen zu lassen.
Unser Dank geht hiermit raus an diese wunderbaren Menschen mit denen wir nun irgendwie verbunden sind.
P.S. Gruß ans Universum: es braucht nicht immer eine Panne um irgendwo einzutauchen und tolle Menschen kennenzulernen 🙂
Gestern haben wir Timisoara verlassen und der Tag begann wie er endete – suboptimal 🤯.
Wir schliefen bereits ziemlich schlecht und zudem hatte sich Jans Handy nachts verstellt und zeigte uns eine falsche Zeit an, so dass wir dachten es ist 6.30 Uhr, derweil war es bereits 9 Uhr und eigentlich wollten wir mal eher in den Tag starten. Also hektisch aufgestanden, alles razifatz versucht zu packen, Geschirr nicht abgewaschen, Wasser nicht auf- und Toilette nicht ausgeleert und schon leicht genervt losgefahren. Es sollte uns eine Lehre sein.
Unser Weg führte uns direkt ins Shoppingcenter mit dem Ziel Unterwäsche zu holen, denn leider haben wir diese auch nur für eine Woche mitgenommen. Alle anderen Sachen tragen wir nun schon deutlich länger als gewohnt aber bei Unterhosen hört der Spaß auf 🤭. Zudem wollen wir uns nicht alle paar Tage über’s Waschen Gedanken machen müssen, denn Wildcamping ist in Rumänien offiziell erlaubt und das wollen wir schon gern ab und an mal ausprobieren. Wir brauchten ewig bis wir C&A gefunden hatten, fuhren dann noch drei Tankstellen an, um endlich eine Rovignette zu erhalten und starteten dann in größter Mittagshitze (33 Grad – aber wir haben gesehen, dass es euch gerade auch so geht!), im dichten Verkehr und mit übler Laune in Richtung Norden mit dem Ziel das Apuseni-Gebirge zu erreichen. Einen schönen Campingplatz im Grünen inkl. Waschmaschine hatten wir uns schon ausgesucht.
Nach ca. 30 Minuten Fahrt durchfuhren wir die Stadt Arad und plötzlich sagte Jan „Mist, ich kann nicht mehr richtig bremsen, wir müssen sofort anhalten“. Das taten wir und schnell war klar, da ist was Ernsthaftes.
Also riefen wir unsere Versicherung an und warteten ca. 2 Stunden auf einen Abschleppservice. Glücklicherweise waren wir direkt neben einem kleinen Spielplatz gestrandet und eine Bank und ein Minimarkt waren auch nicht weit. Ich deckte uns mit Geld und 10l Wasser ein – sicher ist sicher. Miki, der Fahrer vom Abschlepper, war super nett und konnte gut deutsch. Das habe er als Kind im TV gelernt und dann war er ein paar Jahre als Trucker in Norwegen und hatte da einen deutschen Kumpel. Er telefonierte alle ihm bekannten Werkstätten ab, leider boten alle erst in 1-2 Wochen einen Termin an 😳. Er erklärte uns, dass die Werkstätten hier Unmengen zu tun haben, da sie Autos aus Deutschland für Rumänien, Bulgarien und die Türkei aufarbeiten. Er versprach am nächsten Tag mit dem Mechaniker seiner Firma zu schauen, was da genau in der Bremse los ist. Dann fuhr er uns ganz vorsichtig in unserem Luigi zu einem nahegelegenen Park, wo wir in Ruhe an einem kleinen See nächtigen konnten.
So campten wir das erste Mal wild – völlig ungeplant und durch unsere hektische Abreise am Morgen auch noch schlecht vorbereitet. Aber egal, per se hatten wir alles was wir brauchten und versuchten ein wenig zu entspannen, was uns ehrlicherweise schwer fiel. Die kläffenden Hunde, die Hitze im Bus und diverse Mücken machten es uns auch nicht gerade leicht.
Die „Kläffer “ der Nacht – gehörten wohl zur Gaststätte, welche auch direkt dort war
Dennoch waren wir optimistisch, dass der nächste Tag auf jeden Fall besser wird!
Miki versprach, uns heute gegen 10 Uhr anzurufen, um uns zu sagen, wann er mit seinem Mechaniker vorbei kommt. Wir meldeten uns dann bei ihm, er vertröstete uns immer um etwa eine Stunde und gegen 12.30 Uhr (wohlgemerkt Freitag!) hatten wir keine Ruhe mehr und Jan war sich nach reichlicher Prüfung auch sicher, dass das auf einem Parkplatz nichts wird, sondern eine Werkstatt her muss.
Also wurden wir selbst aktiv, suchten bei google maps nach einer Autowerkstatt, riefen da an und sie sagten tatsächlich, dass wir zu ihnen kommen können 🥳. Also tuckerten wir, ganz langsam und wenig bremsend, 9 km weiter und landeten in einer türkischen Werkstatt. Dort traf uns die pure Freundlichkeit, Luigi wurde sofort aufgebockt und der freundliche Marmorsteinverkäufer Semih von nebenan übersetzte in Englisch, denn die beiden Mechaniker können „nur“ rumänisch bzw. türkisch. Es war ein einzigartiges Erlebnis, wir durften direkt mit in der Werkstatthalle sitzen und zusehen, wie sie mit Badeschlappen und Zigarette im Mund ans Werk gingen. Schnell stellte sich heraus, das neue Bremsbacken benötigt werden (nähere technische Details im Technikreport von Jan), diese aber erst morgen geliefert werden können.
Nach kurzer Überlegung, ob wir in der Werkstatt im Bus nächtigen oder ein Hotel suchen, entschieden wir uns für letzteres, denn wir sehnten uns zumindest nach etwas Wasser zum Duschen (und Schlüpfer waschen 😅). So fuhr uns Semih kurzerhand zum 700m entfernten 3-Sterne-Hotel und wir checkten gegen 16.30 Uhr ein.
Zu unserer großen Freude gibt es hier einen Pool und wir sprangen direkt hinein. Hanni war die letzten vielen Stunden, in denen es nur hieß: „Schwitzen und Warten“ total lieb und hat dazu unsere phasenweise bestehende Gereiztheit ertragen. Nun liegen wir, nach ein paar entspannten Stunden am Pool inkl. leckerem Essen, sehr happy im Hotelbett und hoffen sehr, dass morgen alles klappt und Luigi uns weiter durch Rumänien trägt. Und tatsächlich überlegen wir nach der heutigen Erfahrung, ob wir doch noch einen Abstecher in die Türkei machen 😊. Schauen wir, was die Reise weiter für uns bereit halten wird.
Ein schönes, pannenfreies 😉 Wochenende euch allen!
Ihr Lieben, es wird wieder Zeit für einen Bericht! Wir haben in den letzten Tagen so Einiges erlebt, so dass es heute wohl ein längerer Text wird – d.h. solltet ihr gerade in Eile sein, dann verschiebt das Lesen besser auf später 😉.
Am Sonntag hatten wir unseren letzten Tag in Kroatien und wie bereits berichtet, standen wir da bereits nahe der serbischen Grenze in Suza Baranje. In dieser Region werden einige verschiedene lokale Weine hergestellt und unser Campingplatz gehörte zum Weingut „Kolar“, wovon wir zunächst aber nicht viel merkten, außer das eine kleine Auswahl der Weine im Kühlschrank stand.
Unser Sonntag sollte ein gemütlicher letzter Tag werden. Nach einem ausgiebigen Frühstück machten wir uns auf zum Interspar, um dort unseren Vorrat wieder aufzustocken. Ein Nachmittagspicknick auf einem dörflichen Spielplatz rundete die Ausfahrt ab. Am Campingplatz zurück planten wir Brot zu backen, Ghee zu kochen und ein Lagerfeuer mit Knüppelteig vorzubereiten. Kaum angefangen, stand plötzlich eine Frau vor uns und stellte sich als „Chefin“ des Anwesens vor. Sie hatte von ihrem Angestellten gehört, das Gäste da sind und wollte „Hallo“ sagen. Sie zückte sofort die Weinflaschen und es wurde schnell heiter, denn der Wein wirkte (vor allem bei mir 🙊) und wir unterhielten uns mit vollem Körpereinsatz, denn sie sprach weder Deutsch noch Englisch und wir ja noch immer nicht Kroatisch. Fröhlich zeigte sie uns dann noch ihren Weinkeller und die Führung inkl. Verkostung blieb heiter. Schnell war es 19 Uhr und wir versuchten die Kurve zu kriegen, denn von unserem eigentlichen Vorhaben war noch nichts passiert. Wir luden sie zum Lagerfeuer ein und so saßen wir dann gegen 20.30 Uhr noch ein gutes Stündchen zusammen, eh uns die Mücken vertrieben.
Die Abfahrt am nächsten Tag zog sich dann eine Weile hin, denn wir hatten noch einiges aufzuräumen aber was solls 🙃, der letzte Abend in Kroatien war toll und spontan und wird uns lang in Erinnerung bleiben.
So kamen wir dann gegen 12.30 Uhr los und die serbische Grenze war in wenigen Minuten erreicht. Wir waren etwas aufgeregt aber kamen gut durch. Direkt nach dem Grenzübergang überquerten wir die Donau und die Durchquerung Serbiens führte uns komplett über Landstraße, so dass wir einen kleinen Eindruck von dem sehr ärmlich wirkenden Land erhielten. Das Navi streikte auch sehr schnell, denn Serbien ist kein Mitgliedsstaat der EU und damit luxuriöses Rooming nicht möglich. Aber so kamen endlich mal unser Maxi-Atlas und ich zum Einsatz.
Das klappte recht gut, wir trafen nicht immer ganz die richtige Straße, denn die Beschilderung von Kreuzungen war nicht immer vollständig oder definierbar, aber nach ca. 4 Stunden kamen wir am Grenzübergang an. Leider war dieser geschlossen aber auch das war nicht zu dramatisch, denn der Nächste war nur ca. 30 Minuten entfernt. Also hieß es Kurswechsel und ran an den anderen Grenzübergang. Die Serben zeigten sich eher gelangweilt von uns, die Rumänen meinten es dagegen ernst. Sie waren nett aber dennoch durften wir unseren Bus ausladen und sie schauten in allen Klappen und Schränken nach, ob nicht doch irgendwo ein Menschlein versteckt ist. Sie entschuldigten sich immer mal wieder und nach getaner Arbeit erzählten sie uns fröhlich was wir doch in Rumänien alles besichtigen sollten. Mit der rumänischen Grenzüberfahrt kam noch eine Stunde Zeitverschiebung (nach vorn) hinzu und so war es dann doch schon 19.45 Uhr als wir ins Land rein rollten. Wir waren happy und nach dem Eindruck von Serbien und unseren Vorstellungen von Rumänien völlig sprachlos als die ziemlich moderne Stadt Timisoara vor uns lag. Einen Campingplatz am Rande dieser Stadt hatten wir uns bereits ausgesucht und steuerten diesen direkt an. Neben einer deutschen Wohnmobilreisetruppe grinste uns etwas abseits stehend ein alter, deutscher Mercedesbus an und wir parkten direkt daneben.
Jenny und Roland begrüßten uns sofort fröhlich und wir alle waren uns gleich sehr sympathisch, so dass wir wild losplauderten und gegen Mitternacht völlig geschafft aber beglückt von den ganzen Erlebnissen des Tages ins Bett fielen.
Am Dienstag, also gestern, setzten wir dann direkt nach dem Frühstück unsere Gespräche mit Jenny und Roland fort. Beide haben eine sehr bewegende Biografie und sehr interessante und inspirierende Gedanken- und Lebensansätze, so dass die Zeit nur so verflog. Eigentlich wollten sie direkt weiterfahren, denn sie haben in Deutschland alles aufgegeben und haben nun das Ziel sich in Bulgarien ein Projekt zum Leben und Arbeiten anzusehen. Aber sie blieben dann doch spontan einen Tag länger und so zogen wir gemeinsam los, erkundeten die Stadt Timisoara und verbrachten gemeinsam sehr schöne Stunden.
Heute verabschiedeten wir uns (aber wir sind uns sicher, dass wir uns auf unserer Reise nochmal wiedersehen werden), die beiden fuhren weiter und wir gingen erneut in die Stadt, denn dort gibt es einen herrlich angelegten Kinderpark mit unzähligen Spielmöglichkeiten – ein Paradies für Hanni.
Morgen geht es dann auch für uns weiter und wir sind gespannt, welche neuen Begegnungen und Erlebnisse uns erwarten.