Wir sind seit viereinhalb Monaten auf Reisen und unsere Gedanken, Gefühle und Texte drehen sich ums Heimkehren. Es ist schön zu erleben, wie sich unsere Reise nun im wahrsten Sinne des Wortes abrundet und zu einem Ganzen fügt.
Wenn ich nur oberflächlich zurückblicke, kommt es mir (mal wieder) so vor als ob die Zeit sehr schnell vergangen ist. Aber sobald ich etwas tiefer gehe, entfaltet sich eine große Fülle und Dichte an Erlebnissen, die für immer die meinen bzw. unseren sind. Und dabei jederzeit mit wenig Aufwand wieder abrufbar.
Dabei war es nicht immer einfach. Reisen auf engen Raum, in einem alten Bus und über längere Zeit ist eben kein All-Inclusiv-Paket. Neben ständigem Einkaufen, Abwaschen, Toilette reinigen usw. sind es vor allem das Ankommen (Parkplatz suchen, aufbauen, einfühlen etc.) und das Wiederlosfahren (abbauen, einräumen, Abschied nehmen) was auf Dauer anstrengend wird – weil man sich ständig auf neue Umgebungen, Menschen und Situationen einstellen muss.
Bei all den kleinen Unbequemlichkeiten merken wir auch wieder, welchen Luxus wir zu Hause genießen dürfen – und freuen uns schon auf die immer verfügbare Dusche, die Waschmaschine, den Geschirrspüler und ein großes Bett :-).
Und – und das ist vielleicht die wichtigste Zutat zur erfüllenden Reise – wir haben die intensive Zeit zu Dritt sehr genossen. Es war nicht klar, wie wir damit zurechtkommen werden, 24/7 bei- und miteinander zu sein. Aber es war und ist wunderbar! Die Nähe und gemeinsamen Erlebnisse haben uns als Familie aber auch als Paar gestärkt und noch mehr zusammengeschweißt.
Wir haben trotz immer wieder neuer Umgebungen und Herausforderungen mit der Zeit gemeinsam gewisse Routinen entwickelt, die es uns mit jedem Tag der Reise leichter gemacht haben, irgendwo „anzukommen“. Wichtig ist, sich nach dem Ankommen etwas Zeit zu lassen (vor allem wenn die Realität mal wieder nicht genau mit den eigenen Vorstellungen übereinstimmt) und die Umgebung zu erkunden. Wenn es generell passt, kümmerte sich Hilbi um den Innenraum, ich mich um den Außenbereich und wenn es gut lief, spielte Hanni in dieser Zeit selbständig und/oder stellte sich schon mal überall (vor allem wenn sie Deutsche entdeckt) vor: „Hallo, ich bin Hannah und ich bin Fünfeinhalb.“.
Die Reiseplanung selbst war Hilbis Spezialgebiet. Akribisch erforschte sie mögliche Ziele und optimierte den Weg dahin. Ich durfte durchaus mitdenken, war aber mit der Auswahl fast immer glücklich und übernahm nur zu gern den Part des Technikers und Fahrers. So hatten sich sehr schnell auch diese Rollen auf natürliche Art herausgebildet – Hilbi: Navigatorin, Orbi: Operator :-).
Das Reisen bringt (mir) auch (noch mehr) Klarheit in mein eigenes Leben. Vor allem darüber was ich will und was eben nicht. Einfach weil wir so viele verschiedene Situationen erlebten, so dass die eigenen Vorlieben und Abneigungen klar(er) zu Tage treten konnten. Auch die Freiheit den eigenen Weg zu bestimmen sowie in Gemeinschaft wundervolle Dinge zu erleben, machen mir und uns klar(er), wie wir unsere Zukunft gestalten wollen.
Dabei stellten wir immer wieder fest, dass diese Freiheit eben alles andere als selbstverständlich ist. Und das ist eine wertvolle Erfahrung. Das ständige Ringen um Arbeit und um ein vernünftiges Auskommen, unzuverlässige wirtschaftliche Rahmenbedingungen, geringe Bildung und/oder schlicht der falsche Pass schränken in vielen Ländern die Möglichkeiten der Menschen stark ein.
So sind wir besonders dankbar für die Möglichkeiten unsere Träume wahr machen zu können. Wir sind froh das Glück zu haben in Deutschland geboren und aufgewachsen zu sein. Die Bildung, die wir mitbekommen haben und die guten Rahmenbedingungen geben uns die Chancen, unser Leben nach den eigenen Vorstellungen zu gestalten.
Und so ist absolut klar was nach dem Ankommen zu Hause für uns folgt: der Aufbruch in verschiedene neue Abenteuer!
P.S. Das Ende der Reise fühlt sich erst mal komisch an. Irgendwie wie Lachen und Weinen zugleich. Aber ich glaube es sind Freudentränen…
Am Sonntag, den 22.08.2021 verließen wir nach einem letzten Bad das Oasis Resort und trafen uns mittags auf dem Dorfplatz von Zverino mit Roland und Jenny. Den Plan hatten die Mädels schon am Freitag abgestimmt und nach kurzem Startpalaver ging es auch gleich los zur Bergregion Lakatnik in ca. 30km Entfernung.
Schon die Fahrt durch diesen Teil des Balkangebirges war ein echter Genuss – unsere zwei Knatterbusse hintereinander durch diese interessante Bergwelt haben uns und etlichen Einheimischen immer wieder ein Lächeln ins Gesicht gezaubert.
Nach kurzer Orientierungsphase am Fuße des Lakatnik begannen wir unseren Aufstieg entlang eines (derzeit) kleinen Flusses, der schon nach kurzer Zeit an idyllischen Naturbecken zum Planschen und Picknicken einlud. Das Wasser war herrlich kühl und wir teilten uns Becken inkl. Steinrutsche friedlich mit Kaulquappen, Fröschen, Wasserläufern und auch ein paar kleinen Schlangen.
Der weitere Aufstieg war nicht minder schön, es ging durch Waldstücke über kleine, teilweise abenteuerliche Brücken bis hinauf auf einen Ausläufer des Lakatnik. Der Blick von da ist atemberaubend und wir sind wieder einmal dankbar für die Schönheit der Natur und dafür, dass wir hier sein dürfen.
Neben der schönen Wanderung in der Natur sind es vor allem die Gespräche mit Jenny und Roland, die uns immer wieder bewegen und unseren Gedanken neue Richtungen geben. Denn genau darum geht es oft: um die Macht unserer Gedanken oder noch genauer: die Kraft unserer Vorstellung. Gemäß dem Motto: „Sei vorsichtig was Du dir wünschst!“ lenkt Roland unsere Gespräche auch immer wieder genau darauf: wir sind selbst die Gestalter unserer Realität und es beginnt immer mit unserer Vorstellung von etwas. Positive Gedanken, eine genaue Vorstellung der eigenen Ziele und dann eben auch den Mut diese zu verfolgen sind die Schlüsselelemente für ein gutes Leben. Diese und noch viele weitere Erkenntnisse sind bei den Beiden tief verankert, werden aktiv gelebt sowie gern und zwanglos geteilt. Für diese Bereicherung sind wir wieder einmal sehr dankbar! 🧡🙏
So verging die Wanderung in bester Laune, der auch die Erkenntnis, dass wir den gleichen Weg hinunter wie hinauf nehmen werden, keinen Abbruch tat. Im Gegenteil, wir nutzten noch einmal die Chance zur Erfrischung im Fluss und trafen kurz vor der Abfahrt auch noch das deutsch-bulgarische Pärchen Marina und Micha, die uns kurzerhand auf einen Tee in ihr kleines Häuschen am Wegesrand im Tal einluden. Die Begegnung war etwas bizarr. Die Dame war aufgeschlossen, witzig und gleichzeitig sehr vereinnahmend, der Herr Wissenschaftler redselig und ihr Häuschen durch längere Abwesenheit muffig und reparaturbedürftig.
Das schien die beiden aber gar nicht zu stören und so saßen wir gemeinsam auf dem Balkon, tranken Tee und schwatzten über die Schönheit und scheinbaren Gefahren in Bulgarien (Stichwort „Zapp-Zarapp“). Mitten im Gespräch kam Micha plötzlich mit zwei Skorpionen im Glas aus dem Haus und meinte diese kamen gerade aus der Spüle gekrochen. Das kann hier schon mal passieren. Er kippte sie über den Balkon ins Gebüsch und schenkte sich kurz darauf seinen Tee in genau das Glas. Nemo Problema.
Nachdem wir uns verabschiedet hatten, ging es zurück durchs das Balkangebirge bis zu einer wunderbaren Stelle an einem Nebenfluss der Iskar. An solchen Stellen mit solchen Menschen macht Wildcamping richtig Freude! Wir kochten ein leckeres Abendessen – es gab Zucchini-Kartoffel-Suppe und Polenta mit Spiegelei – und verbrachten den Abend entspannt am Lagerfeuer.
Der nächste Morgen leitete den vorläufigen Abschied ein, doch zuvor gab es noch ein Rollenspiel unter der Regisseurin Hannah Orbanz 🎭📽️ 🥰. Es gab: „Die Prinzessin, die Monster und die Superheldin“. Dazu hatte Hannah Masken gebastelt und Texte ausgedacht, die Sindy dann, quasi als Drehbuch, zu Papier brachte. Wir hatten alle einen Heidenspaß und die dabei freigesetzte Freude machte uns den Abschied etwas leichter.
Diese Tage waren wunderbar und haben unsere noch junge Freundschaft vertieft und gefestigt. Wir freuen uns schon auf ein Wiedersehen hier im Balkan-Gebirge.
Bevor die Erinnerung an Rumänien verblasst möchte ich noch einmal meinen Wahrnehmungen auf Rumäniens Straßen Raum geben.
Den die Er-Fahrung dieser Straßen ist durchaus bemerkenswert. Die Qualität selbiger reicht von Feldweg bis autobahn-ähnlich, wobei die holprige und oft reparaturbedürftige Dorfstraße klar überwiegt.
Das fahren fühlt sich daher eher wie Boot fahren an, unser Luigi schwankt und wiegt sich allerdings meist sehr gutmütig durch die Unebenheiten.
Bahnübergänge sind immer und ausschließlich im Schritttempo zu überfahren, bei Unaufmerksamkeit droht echter Schaden am Fahrzeug.
Auch und besonders bemerkenswert sind jedoch die uns umgebenden Verkehrsteilnehmer. Nicht nur das uns die hohe Dichte an hochwertigen und teuren – meist deutschen – Fahrzeugen immer wieder überrascht, auch das aus den Fahrzeugen wo immer es geht (oder oft auch eigentlich nicht mehr) alles rausgeholt wird, lässt uns immer wieder staunen. In den ersten Wochen oft mit Schrecken, mittlerweile mit deutlich mehr Gelassenheit.
Das Motto lautet: „Wenn sich eine Lücke andeutet, nutze sie mit allem was die Karre hergibt.“ Und die Entgegekommenden helfen mit, Schlimmes zu verhindern. Das funktioniert ziemlich gut.
Durch das Training mit Bogdans klapprigen Suzuki sind wir mittlerweile auch ganz gut mit unterwegs, selbst die häufigen und für mich anfangs sehr gewöhnungsbedürftigen Kreisverkehre haben ihren Schrecken verloren. Links blinken, bei der ersten Lücke mit Vollgas in den inneren Kreis fahren und dann rechtzeitig wieder rechts blinken und mit Mut nach außen ziehen. Wenn alle mitmachen gibt es außer einem gelegentlichen Huper nichts weiter zu befürchten.
Hupen ist jedenfalls sehr beliebt, vor allem wenn es zu langsam geht. Dann fährt der genervte Rumäne im „Siebener“ eben auch hinter dir oder dem LKW vor dir Schlängellinien. Wenn es allerdings beim Überholmanöver mal eng wird, wird gnädig gebremst und eine Lücke geschaffen. Hupen habe ich dabei noch nicht gehört.
Den Rang „Autofahrnation Nr. 1“ haben aus meiner Sicht mittlerweile die Rumänen inne. Die neuesten Modelle und oft die Großen davon, sind, wie bereits erwähnt, schwer angesagt und werden mit stolz geschwellter Brust hergezeigt. Jedes Kuhdorf hat außerdem mindestens eine Autowaschanlage, so dass der Glanz immer gewahrt bleiben kann.
Das Auto ist ein Statussymbol und repräsentiert die offensichtlich noch nicht so lange gestärkte Kaufkraft der Rumänen (hoffentlich nicht nur „auf Pump“). Es erinnert mich irgendwie an die Nachwendezeit bei uns. Alles ist plötzlich verfügbar und wer irgendwie kann, zeigt es stolz her.
Und so stehen eben vielerorts die glänzenden Neuwagen vor abgewrackten oder halbfertigen Hütten und Häusern.
Denn gebaut wird in Rumänien überall. Jedoch offensichtlich oftmals ohne das notwendige Durchhaltevermögen. Über die Wochen prägen wir dazu den etwas gemeinen und unkorrekten Satz: „Es würde gebaut werden können wollen. Wir fangen aber schon mal an.“. Die Menge an unfertigen, brach liegenden und teilweise sehr ambitionierten Bauprojekten ist wirklich beeindruckend. Daneben fahren wir auch durch Dörfer wo ärmliche Hütten in oft blühenden Gärten zur Selbstversorgung stehen und Kinder auf den Straßen Bohnen, Himbeeren oder andere Dinge verkaufen. Die Kontraste sind also teilweise sehr deutlich.
Ich interpretiere das als Zeichen das viele Menschen in Rumänien eben doch noch mit verkrusteten Strukturen und schwierigen Rahmenbedingungen zu kämpfen haben. Die Gespräche mit Einheimischen bestätigen das.
Was uns ebenso immer wieder auffällt, ist die starke Präsenz von deutschen Ladenketten. DM, Lidl, Kaufland und Co. sind stark vertreten und gut besucht. Die Preise sind dabei den deutschen ebenfalls sehr ähnlich. Daneben gibt es jede Menge Mini-Märkte in den Ortschaften, die vor allem die preiswerteren Produkte (und damit auch oft eher das ungesunde Zeugs) vertreiben.
Alles in allem zeigt sich Rumänien also sehr vielfältig mit klaren Tendenzen es der westlichen Welt – und da vor allem Deutschland – gleichzutun.
Es bleibt (wie überall) zu hoffen, dass dabei nicht das Ursprüngliche des Landes auf der Strecke bleibt und dem Konsum alles andere untergeordnet wird.
In der dritten Woche unseres Aufenthaltes bei den „Bogdans“ in Rásnov ist es mir ein Bedürfnis diesen besonderen Ort und ein paar unserer Erlebnisse hier genauer zu beschreiben.
Neben den ziemlich normalen Stadthaus, welches sie erst dieses Jahr gekauft haben, haben die Bogdans vor sieben Jahren 1.5 Hektar Waldland in den Ausläufern der Karpaten gekauft und darauf direkt ein Haus selbst gebaut.
Der Zugang zum Grundstück erfolgt über einen stark zerklüfteten Feldweg, so dass wir uns entschieden haben unseren Luigi in der Stadt zu lassen und uns hier in einem alten herumstehenden Wohnwagen (mit dem die Bogdans 2013 für neun Monate zu fünft (!) Europa bereisten) kurzfristig einzurichten. Im Nachhinein eine super Entscheidung, ohne die wir einige Erfahrungen nicht so intensiv hätten machen können.
Das Haus ist fast in reiner Eigenleistung gebaut, mit Unterstützung durch Reisende, die ihre Fähigkeiten bestmöglich mit eingebracht haben. Der Elektriker z.B. kam irgendwo aus Afrika :-). Das Haus ist zu großen Teilen aus recycelten bzw. gebrauchten Materialien gebaut. Das heißt vor allem auch, dass hier nichts Standard ist. Jedes Fenster ist anders, jeder Boden, es gibt eigentlich keine geraden Wände – diese sind aus Strohballen und Lehm geformt, das Grundgerüst ist natürlich Holz, das Dach ist aus Blech. Dabei ist das Haus sozusagen organisch gewachsen und immer wieder verbessert worden. Natürlich ist es aber bis heute nicht fertig, das gesamte Obergeschoss wartet noch auf den Ausbau.
Es gibt hier keinen Strom- und Wasseranschluss, beides wird selbst erzeugt bzw. gefördert. Zusammen mit dem kleinen Garten und den Nachbarn die Milch, Käse, Fisch und Fleisch produzieren ist das ein wirklich unabhängiger Ort. Wobei die Familie auch ganz „normal“ einkaufen geht und dabei versucht naturgerecht zu konsumieren. Das gelingt auch hier nur teilweise.
Solaranlage
Auch wenn das alles sehr idyllisch klingt, muss man das richtig wollen. Die ersten Jahre hier waren ohne jeglichen Komfort (heißt also „durchziehen“), das Klima ist kühl-feucht (im Sommer im Vergleich zur Stadt sehr angenehm) und die Winter rauh.
Ich habe noch niemals einen solchen Ort – irgendwie abseits der Zivilisation aber dennoch nah dran – erleben dürfen und bin sehr dankbar, dass uns unser Weg hierher geführt hat.
Dabei ist der Aufenthalt für uns nicht immer einfach, es gibt zahlreiche Herausforderungen denen wir uns stellen dürfen oder bereits durften.
Da sind zuallererst einmal die blutsaugenden Insekten: diese haben vor allem mich entdeckt und ich habe unzählige Stiche und sicher schon einen halben Liter Blut unfreiwillig abgegeben.
Die nächste Herausforderung sind die Hunde: nicht nur das die eigenen zwei Hund halbe Kälber sind, nein, die Hunde in der Umgebung sind teilweise noch größer und für uns schwer berechenbar. So war ich einen Tag mit Bogdans Freund César im Wald laufen, als uns nach ca. 1.5km erst zwei und kurz darauf fünf Schäferhunde zum geordneten Rückzug zwangen. Wilde große Kerle die unmissverständlich klar machten: das hier ist unser Gebiet. César blieb cool und redete und pfiff ruhig auf die Hunde ein und wir gingen langsam Rückwärts (wegrennen nützt wohl nichts, hätte ich aber allein sicher getan) bis sie von uns abließen. Also einfach mal loswandern hier ist für uns schwierig, wir verlassen uns somit auf die offiziellen Wandergebiete.
Eines Nachts war zudem einer der Hunde namens Albush ausgebüchst und ich ich war hart an meiner Grenze den Kollegen einzufangen und einzusperren. Ich glaube er hatte letztendlich Mitleid mit mir und hat es dann geschehen lassen. Meine Angst war sicher für ihn gut spürbar. Früh um fünf befreite ich dann noch den zweiten und noch größeren, zotteligeren Hund namens Zora von ihrer verhangenen Kette. Seitdem sind wir irgendwie Kumpels :-).
Für Hundekenner und Liebhaber sicher alles kein Problem und für mich eine gute Schule – aber eins ist Fakt: ich bin und bleibe ein Katzenmensch 🐱.
Eine weitere Herausforderung ist das schlafen im bzw. am Wald: eine diffuse Angst bemächtigt sich meiner und ich muss mir immer wieder klar machen, dass dazu kein Grund besteht. Das wird durch irgendwelches Getier unter unserem Wohnwagen immer wieder erschwert. Manchmal glauben wir auch, dass Mäuse unter den Klappen auf denen wir schlafen unterwegs sind. Und pullern gehen draußen im Dunkeln mit all den Insekten, halbwilden Hunden und anderen Tieren – da klopft das Herz schon mal etwas schneller. Und ich dachte immer ich bin ein Naturbursche…
Klingt schon etwas lächerlich, ist aber dennoch meine aktuelle Realität. Zum Glück habe ich die Toilette in Stand gesetzt, falls nötig kann nun auch drinnen gepullert werden =).
Zu guter Letzt noch einmal die permanente Herausforderung Sauberkeit: das läuft hier einfach auf einem anderen Level ab. Und es scheint der Familie gut damit zu gehen! Mittlerweile haben wir uns aber auch daran gewöhnt bzw. machen unser Ding wenn es nötig ist. Laut Aussage von Bogdan sind die Kids auch fast nie krank und sehr robust. Interessant.
Ja, das alles sind eher Kleinigkeiten (und „Es ist nur in deinem Kopf“) und zeigt mir deutlich wie viele Komfortzonen und hohe Standards in meinem bzw. unserem Leben eben Normal sind. Ob wir das alles so brauchen ist eine sehr gute Frage.
Die positiven Eindrücke überwiegen bei Weitem: die Nähe zur Natur, der tolle tägliche Ausblick auf die Berge, baden im eiskalten Gebirgsfluss, barfußlaufen, gemeinsam kochen, wandern und vor allem unsere Projekte hier machen riesigen Spaß.
Jedes dieser Projekte hat natürlich einen passenden Namen – so auch das erste welches wir in Angriff genommen haben: „Warm water for Bogdan“.
Dabei habe ich mit Bogdan das Gerüst, welches die Warmwasseraufbereitung (Solar) trägt, instandgesetzt. Das Ganze war etwas abenteuerlich, weil die Konstruktion eben schon stark marode war und eigentlich komplett neu aufgebaut werden müsste. Aus Ressourcenmangel musste aber das Bestehende irgendwie instandgesetzt werden, was dann letzendlich mit Wagenheber und Metallstützen gelang.
Das nächste Projekt „Stairway to heaven“ war eine Treppe, die die untere Wiese mit den Wohnwagen mit dem auf der oberen Wiese stehenden Wohnhaus verbindet. Einfach in den Hang gehauen, Bretter an die Stufenfront, die Trittflächen mit Steinen belegt und mit Mörtel verfugt – macht sie zumindest aktuell einen stabilen Eindruck.
Der Wohnwagen in dem wir nun gerade beheimatet sind, wurde durch das Projekt „TurtlePower“ wieder per Solarpanel und Autobatterie mit Strom versorgt (Kommentar Sindy: „Wir brauchen keinen Strom, wir brauchen sauberes Wasser.“ Wird noch.) und im Zuge des Projektes „Blooming Roses“ mit hängenden Blumenhaltern und selbstgebauten Balkonkästen verschönert. Der Wohnwagen ist nun wirklich gemütlich und auch das Wasser fließt – allerdings mangels sauberen Wassertank noch nicht nutzbar und zudem zeitgleich aus der Dusche wenn man in der Küche das Wasser anstellt. Darum darf sich aber der nächste Gast kümmern :-).
In den letzten Tagen haben wir das Wohnmobil der Familie mit bemalt, die nächste Woche damit nach Griechenland fahren wollen. Eine meditative Tätigkeit. Ein Teil von uns fährt nun also immer mit – irgendwie ein schönes Gefühl.
Es ist wunderbar Kleinigkeiten mit beitragen und dabei sehr frei und ohne jeglichen zeitlichen Druck mitmachen zu können. Das Zusammenleben gestaltet sich unglaublich locker und eben „Free-style“.
Diese Grundhaltung wird durch den engen Austausch mit Bogdan und Nicoletta immer wieder deutlich. Vor allem die Gespräche am Lagerfeuer geben mir dabei Einblicke in die Gedankenwelt von Bogdan. Dabei stimme ich nicht mit allem überein, viele Ansichten teile ich jedoch und fühle mich sogar bestärkt.
Auf meine Frage, wie oft er denn an dem Projekt „Leben im Wald“ beim umsetzen gezweifelt habe, schaut er mich etwas verwundert an. „Ich habe das gewollt und alle auftretenden Probleme betrachte ich als Chance etwas Neues zu lernen.“ Kein großes Handern, sondern eine Lösung suchen und umsetzen. „Live is a puzzle“ – und wenn Du etwas richtig willst und alles dafür tust, kommt auch alles zur rechten Zeit. So hat er auch zwei Jahre auf die Glasfront im Wohnzimmer gewartet und bis dahin das 2×2 meter große Loch in der Wand mit Folie verdeckt. Denn er wollte keine fertige Lösung kaufen sondern eben Altes recyclen. Klare Linie. Nach zwei Jahren kam plötzlich die heutige Glasfront über Kontakte hierher und passte sofort perfekt in das Loch. Witzig und doch für mich (bisher) unvorstellbar.
Auch betrachtet er Emotionen wie Ärger, Wut, „etwas jetzt unbedingt haben oder tun wollen“ als Herausforderung und trainiert sich selbst diesen eben nicht immer nachzugeben. Und das kann man vor allem im Umgang mit seinen vier Kids spüren. Zum abgucken.
Auch die ständigen Planänderungen hier gehören zum Programm und werden meist gelassen oder mit Humor hingenommen – dann wird aber auch sofort losgelegt. Nicht immer „Quality first“, aber mindestens ausreichend. Das ist der hier vielbeschworene „Latin-Way“.
Das er dem Darwinismus und der Evolutionstheorie skeptisch gegenübersteht: „Glaubst Du wirklich, dass das was wir heute sind durch Evolution aus dem Affen entstanden ist?“ ist nicht meine Meinung, aber die Frage ist dennoch gut. Wir verschleißen uns jedoch nicht mit Meinungsverschiedenheiten, jeder darf seine Weltsicht behalten und bei Bedarf neue Einsichten integrieren.
Auf jeden Fall teile ich die Einstellung: „Alles ist möglich, wenn Du dir deiner wahren Ziele bewusst bist und alles dafür tust.“ sehr und finde hier einen Ort und vor allem Menschen die diese bestätigen.
Achtung: persönliche Gedankennotiz, d.h. eventuell viel Text und wenig Bild =).
Ich sitze gerade in Rasnov im Supermarkt – der Strom ist ausgefallen und wir kommen mit unserem Einkaufswagen nicht raus. Ohne Strom keine Kasse. Warten. Das gibt mir Gelegenheit über das Thema Zeit – insbesondere auf Reisen zu reflektieren.
Hier im Supermarkt ist niemand gestresst, weder die Angestellten noch die Kunden. Alle warten geduldig, schwatzen, lachen, sind still. Keiner meckert. Die Unruhe in mir macht schnell einer gewissen Gelassenheit Platz – die ich in den letzten Wochen unserer Reise immer mal wieder erleben durfte.
Es hetzt uns nichts – außer wir selbst wenn wir es zulassen. Ein langer Reisezeitraum gepaart mit der eigenen mobilen Unterkunft nimmt einem völlig den Druck zu irgendeiner Zeit an einem bestimmten Ort sein zu müssen. Ich vermute das ist eine Art des Gefühls von Freiheit. Und ich versuche dieses Gefühl aufzusaugen. Denn fühlbare Freiheit ist auch ein Grund für unsere Reise.
Diese Situation hier im Supermarkt und auch andere davor (z.B unsere Panne in Arad) sind zudem Lehrstücke im „Dinge hinnehmen die man nicht ändern kann“ – und dann das Beste daraus machen. Schreibe ich eben einen Blogeintrag, unterhalte mich mit mir bisher Unbekannten oder halte einfach mal die Klappe.
Auch unsere Gastfamilie – die Bogdans – sind mit einem anderen Zeitgefühl als wir „typischen Deutschen“, die wir nun mal sind, ausgestattet.
„Budjet, budjet“ würde der Russe sagen – wird schon. So auch diese Familie: Pläne sind sehr grobe Anhaltspunkte und werden ständig der aktuellen Situation angepasst. Und das meist mit bester Laune. Lange Vorbereitungen gibt es nicht, es wird eben gemacht und im Zuge der unweigerlich auftretenden Problemchen der Plan entsprechend „weiterentwickelt“. Eigentlich eine tolle Eigenschaft.
Das daraus resultierende Chaos ist bemerkenswert und für uns dennoch nicht immer einfach zu ertragen. Mir fällt es etwas leichter als Sindy, aber die fehlende Struktur und Ordnung übersteigt auch meine Anpassungsfähigkeit.
Aber auch darum sind wie unterwegs: eigene Grenzen spüren und, wenn sinnvoll, ausweiten – oder eben nicht.
Was nehme ich nun daraus mit? Vielleicht das: Ich kann aus jeder Situation etwas Positives machen. Es liegt an mir und ist also beeinflussbar ob ich mich negativen Emotionen hingebe oder konstruktiv damit umgehe. Und besonders für den Zauderer in mir: einfach mal machen und nicht noch 2 Jahre darüber sinnieren.
Ich denke wir haben schon die ein oder andere schwierige Situation ganz gut gemeistert und nach Frust und Tränen schnell wieder den Weg nach vorn gesucht und gefunden. Das dürfen wir sicher noch weiter kultivieren :-).
So, das war der erste Eintrag zum Thema Reisephilosophie und ein weiterer Versuch meine Innenwelt auszudrücken. Bin schon gespannt wie es sich anfühlt wenn ich es später noch einmal lese.
Nun piept auch die Kasse wieder (nach ca. 2h) und ich gehe mal bezahlen.
Wir sind wieder unterwegs!!! Und das fühlt sich gut an. Wenn auch erst mal ganz vorsichtig: heute sind wir ganze 30km gefahren und in einem kleinen gemütlichen Campingplatz kurz nach Arad angekommen. Nach der Erfahrung der ungewollten Vollbremsung auf vielbefahrener Straße und tiefen Einblicken in hiesige Mechaniker-Methoden prüfe ich aller paar Kilometer die Temperatur der Felgen und ob irgendwo Flüssigkeit austritt.
Aber nun liege ich entspannt bei knapp 40° im Camping-Sofa vor dem Bus und kann die letzten Tage noch mal Revue passieren lassen.
Auch wenn die Panne schockierend war, so hatt(e) sie doch auch gute Seiten: wir durften tolle Menschen kennenlernen und haben Einblicke in deren Alltag nehmen dürfen.
Da ist zuallererst der Marmorhändler Semih, der den Telefonanruf in die Werkstatt bei der ersten Panne vom englischen ins türkische übersetzt hat. Er stand uns die gesamten Tage zur Verfügung und hat übersetzt und vermittelt wo immer nötig.
Dann sind da natürlich die Mechaniker (oder sind es Schmiede? 🤔😁) Osman und Mustafa „Musti“ – ein Kurde und ein Türke – die zusammen mit Mustis Bruder Ali die Werkstatt schmeißen. Mal alle deutschen Qualitätsansprüche bei Seite: ich habe selten Menschen erlebt, die so viel arbeiten und dabei so freundlich und locker bleiben. „No Problem“, wird schon. Ständig kommen neue Aufträge rein und während unser Bus dort war, wurden mindestens fünf Trucks und mehrere PKWs verarztet. Selbst Nachts und am Wochenende wird geschraubt wenn nötig. Improvisation und immer wieder der Quick-Fix ist eher Normalität als Ausnahme. Und das wir in der Werkstatt unser Geschirr abwaschen durften unterstreicht die lockere Atmosphäre.
Mustafa „Musti“
vlnr: Amalia, Ich, Osman, Fuat
Osman und seiner rumänischen Frau Amalia gebührt eine besondere Widmung: als wir in Not waren, haben sie uns mit ganzem Herzen geholfen. Sie haben für uns gekocht – und auch das mit voller Hingabe – und wir durften bei ihnen übernachten und einen ganzen Tag verbringen. Als wir nach der dritten Panne schon ein Hotel gebucht hatten, waren sie ehrlich betrübt. Diese Erfahrung der Nächstenliebe ist wirklich wunderbar und regt zum Nachdenken und Nachmachen an.
Diese selbstlose Hilfe muss auch erst einmal ertragen bzw. angenommen werden – wir wollen ja immer lieber Macher sein und die (scheinbare) Kontrolle haben. Hier waren wir abhängig und liebe Menschen waren für uns da. Religion, Herkunft, Finanzen: Scheißegal. Alles was zählt sind ein offener Geist und ein offenes Herz.
Ich war froh eine Kleinigkeit zurückgeben zu können: und habe den Werkstattlaptop repariert (inklusive legalem Office :-)).
Während der langen Wartezeiten in der Werkstatt habe ich verschiedene andere Menschen kennenlernen dürfen – entweder haben auch sie gewartet oder sind eben Freunde des Hauses und immer mal da. So zum Beispiel auch Fuat, der mir als Autohändler und mittlerweile Firmenteilhaber einer nicht mehr ganz so kleinen Logistikfirma geholfen hat, die Herangehensweise der Mechaniker zu verstehen und ein klein wenig zu lenken. Zum Beispiel hat er mit interveniert als der defekte Simmerring des Radlagers per Silikon abgedichtet werden sollte :-). Außerdem ist er Subaru-Fan und fährt Geländerennen – als ich ihm von unserem Massive Snowpark Verein und dem dort eingesetzten Subaru Impreza erzählt habe, hatte ich gleich noch einen Stein bei ihm im Brett. „Ich werde dein Problem behandeln als wäre es mein eigenes“. Was für ein Typ.
Zu guter Letzt sei noch Ali erwähnt. Den habe ich heute Früh in seinem Laden für Autoteile kennengelernt. Er spricht perfekt Deutsch und lud mich nach kurzem Gespräch zu einem Espresso ein und wir schwatzen über Gott und die Welt. Seine Ansichten sind nicht alle die meinen aber den Grundtenor kann ich voll mit tragen: „mehr Füreinander statt Gegeneinander“. Er gab mir seine Nummer für den Notfall: da er alle hier relevanten Sprachen und eben auch Deutsch spricht, kann er im Notfall immer vermitteln. Zum Abschied schenkt er mir noch eine Kleinigkeit – sie kostet mehr als die Sicherungen und das Öl, welches ich gekauft habe.
Diese Begegnungen sind es, die wir auf unseren Reisen suchen. Sie wahrzunehmen funktioniert nur mit einer Grundvoraussetzung: Zeit zum Reisen, sich treiben und mitnehmen zu lassen.
Unser Dank geht hiermit raus an diese wunderbaren Menschen mit denen wir nun irgendwie verbunden sind.
P.S. Gruß ans Universum: es braucht nicht immer eine Panne um irgendwo einzutauchen und tolle Menschen kennenzulernen 🙂