Routine und persönliche Grenzen
Das unser Leben zu großen Teilen aus Routinen besteht, war mir bereits vor der Reise klar, wie anstrengend es sein kann, keine zu haben bzw. fast täglich Neue zu finden, ist eine herausfordernde und durchaus kräftezehrende Erfahrung für mich, dazu im Verlauf des Beitrages mehr.
Am Donnerstag arbeiteten wir den ganzen Tag im Stadthaus der Familie mit, den wie bereits im letzten Eintrag erwähnt, war aufräumen angesagt. Mein Part war es Mittagessen für die Mannschaft zu kochen, klingt easy, war aber mit mehreren Stunden Arbeit verbunden, denn erst musste ich die Küche so beräumen, dass ich überhaupt Platz hatte, dann begann das eigentliche Kochen und anschließend war Aufräumen angesagt. Da es keinen Geschirrspüler gibt, nimmt Geschirr abwaschen hier besonders viel Zeit in Anspruch. Aber gut, Zeit ist ja das, was wir gerade haben und meine Lust zum Aufwaschen war zumindest am Donnerstag noch gegeben. Jan beräumte mit Bogdan deren Carport, welcher eigentlich als Außenküche genutzt werden soll, da die Küche im Haus sehr klein ist.

Dies erschwerte im Übrigen meine Arbeit des Kochens, da ich ständig zwischen beiden Küchen hin und her rennen musste 😄.

Am späten Nachmittag bespaßte ich dann noch Hanni und Enia, wusch unsere Wäsche und versuchte in der Miniküche im Haus etwas Ordnung und Struktur reinzubringen. Dies gab ich schnell auf, denn keiner der Familienmitglieder ist das gewohnt und so hält die Ordnung nicht länger als 30 Minuten an. Abends fuhren wir geschafft zurück in unseren Waldcaravan, die Bogdan-Family blieb im Stadthaus und so freuten wir uns auf ein paar Stunden Ruhe und Dreisamkeit. Leider war dies vor allem für Jan nicht wirklich gegeben, denn die Familie hat (natürlich) auf beiden Grundstücken Hunde 🐕 in Kälbergröße. Und Albusch (der eine von den Zweien im Waldgrundstück) hatte sich aus dem Hundezwinger befreit als wir da ankamen. So war es Jans Challenge bis Mitternacht den Hund wieder in seinen Zwinger zu bekommen, leider gelang es nur kurz und er war wieder weg. Die Konstruktionen hier sind leider sehr „russisch“ und der Hund sehr clever. So war die Nacht dann für Jan sehr unruhig, er machte sich immer wieder Gedanken wegen des Hundes und der andere Hund im Zwinger jaulte die ganze Nacht, da sein Kumpel nicht da war.
Am Freitag startete Jan müde in den Tag, es gelang ihm aber beide Hunde wieder einzusperren und anzuketten. Ich dagegen genoss die Ruhe hier in der Natur bei einer Runde Yoga mit Blick auf einen schönen Berggipfel.

Anschließend ging es wieder in die Stadt und erneut kümmerten wir uns um das Mittagessen für die gesamte Truppe. Die Stimmung war bei allen etwas angespannt, Nicoletta räumte wie wild, denn am Nachmittag trafen ihre Eltern sowie die Mutter von Bogdan ein. Meine Lust am Abwasch war verschwunden aber ich gab nochmal mein Bestes, denn danach war „Freetime“ angesagt, denn die Familie hatte mit der Ankunft der Großeltern zu tun. Und ich muss erwähnen, im Haus war zu sehen das aufgeräumt und etwas geputzt wurde! Abends gingen wir mit der Family sowie Freunden der Familie zu einem kleinen, gemütlichen Jazz-Konzert im Hinterhof des Umwelt-Begegnungszentrum, in dem sich Bogdan und Nicoletta ehrenamtlich engagieren. Ein junges Paar machte tolle Handmade-Musik und die Atmosphäre war sehr gemütlich.


Heute stand nun die große Geburtstagsparty für Nicolas auf dem Programm. Ich startete nicht gut in den Tag, denn wir haben Nachbarn bekommen – Cesar und Leticia mit ihren 2 Kindern – und beide waren zu schnell zu vereinnahmend für mich und überschritten, natürlich nicht absichtlich, meine mir hier geschaffenen räumlichen und persönlichen Grenzen. Hinzu kam meine mir hier immer noch fehlende Morgenroutine. An jedem neuen Campingort müssen wir eine neue Routine für uns finden. Hier fällt es mir besonders schwer, da wir nicht in unserem Bus wohnen, kein fließend Wasser und keinen Strom im Caravan haben und viele Menschen um uns herum sind. Erschwerend hinzu kommt der Zustand des Badezimmers im Haus der Bogdan-Family. Mal abgesehen vom sehr schnuddeligen Zustand geht die Tür weder einzuklinken noch abzuschließen. Außerdem haben die Katzen im Bad ihren Futterplatz sowie ihr Katzenklo. D.h. ganz praktisch betrachtet kann man (oder zumindest ich) nicht in Ruhe im Bad sein, denn neben der Befürchtung, dass jeden Moment jemand der Anderen reingestürmt kommt, kommt definitiv eine der Katzen reingewatschelt und damit steht dann auch die Tür offen. Klingt lustig ist es aber nicht. Aber es gibt ja für jedes Problem eine Lösung, so musste Hanni mir heute als Türwächter dienen als ich mal 5 Minuten „Ruhe“ im Bad benötigte. Hanni jammerte zwar, da sie den Gestank des Katzenklos nicht aushält aber man muss eben auch für seine Mutter mal ein Opfer bringen 🤣. Nun ist es spät abends und rückblickend kann ich schon wieder etwas spöttisch auf den heutigen Tag zurückblicken. Aber heute Vormittag hatte ich dieses Gesamtpaket an Herausforderungen wirklich satt. Ich verzog mich in unser Zelt und versuchte mich mit Yoga zu entspannen. Denn mir fehlt Bewegung. Psychische Herausforderungen kann ich gut über Bewegung kompensieren. Dies gestaltet sich hier aber ebenfalls schwierig, denn man kann hier vom Haus aus nicht einfach mal eine große Runde spazieren oder joggen gehen. Ringsherum sind Kuh- und Schafherden, die regelmäßig ihre Plätze wechseln und von vielen aggressiven Hunden bewacht werden. Das ist notwendig, da hier Bären und Wölfe natürliche Feinde sind. Nähert man sich als Spaziergänger solch einer Herde, verteidigen die Hunde ihr Revier und das kann gefährlich werden. Bogdan und Nicoletta hatten vor den jetzigen Hunden zwei Hunde, die von Schäferhunden totgebissen wurden. Um mich etwas abzureagieren, sind wir dann aber heute Nachmittag ganz mutig einen Kilometer hinter dem Grundstück bergauf gelaufen und wieder zurück. Das ganze 2 Mal. Jan bewaffnet mit einem großen Schäferstock, vor dem die Hunde wohl etwas Respekt haben sollen, und wir beide immer schön vorsichtig um jede Kurve schauend, ob irgendwo eine Tierherde zu sehen ist.
Die Geburtstagsparty an sich, war entspannt und rustikal. Gegen Mittag kamen die Großeltern aus der Stadt hier her, ebenso einige Freunde von Nicolas. Es wurde gegrillt und rustikal gegessen. Von Hektik und Vorbereitungswahn, so wie ich das von unseren Partys kenne, war nix zu spüren. Es gab weder eine Tafel noch Stühle für alle. Jeder fand schon irgendwo einen Platz. Gegrillt wurde Fleisch, Mais und Paprika. Vom Brotlaib brach sich jeder ab wie er wollte. Und Tomate konnte man sich selbst schneiden oder eben nicht 🙂. Etwas später gab es noch Torte.


Jeder aß wann er wollte und vertrieb sich die Zeit wie ihm beliebte. Die Männer bauten die Treppe vom Garten hinauf zum Haus neu, Bogdan grillt zwischendurch und dann ging das Bauprojekt weiter.

Nachdem ich meine persönlichen Hürden des Tages überwunden hatte, widmete ich mich ebenfalls meinem ersten kleinen Projekt und verschönerte die Terrasse des Caravans mit Blumenampeln.

Mit unseren neuen Nachbarn konnte ich über den Tag hinweg auch meinen Frieden schließen und so planen wir morgen gemeinsam eine kleine Wandertour im Nachbarort zu machen. Sie kennen sich hier in der Region mit guten Wanderrouten aus und so komme ich morgen hoffentlich zu etwas mehr Bewegung!
Namasté 🧘♀️