Reisephilosophie – Zeit & Struktur

Achtung: persönliche Gedankennotiz, d.h. eventuell viel Text und wenig Bild =).

Ich sitze gerade in Rasnov im Supermarkt – der Strom ist ausgefallen und wir kommen mit unserem Einkaufswagen nicht raus. Ohne Strom keine Kasse. Warten. Das gibt mir Gelegenheit über das Thema Zeit – insbesondere auf Reisen zu reflektieren.

Hier im Supermarkt ist niemand gestresst, weder die Angestellten noch die Kunden. Alle warten geduldig, schwatzen, lachen, sind still. Keiner meckert. Die Unruhe in mir macht schnell einer gewissen Gelassenheit Platz – die ich in den letzten Wochen unserer Reise immer mal wieder erleben durfte.

Es hetzt uns nichts – außer wir selbst wenn wir es zulassen. Ein langer Reisezeitraum gepaart mit der eigenen mobilen Unterkunft nimmt einem völlig den Druck zu irgendeiner Zeit an einem bestimmten Ort sein zu müssen. Ich vermute das ist eine Art des Gefühls von Freiheit. Und ich versuche dieses Gefühl aufzusaugen. Denn fühlbare Freiheit ist auch ein Grund für unsere Reise.

Diese Situation hier im Supermarkt und auch andere davor (z.B unsere Panne in Arad) sind zudem Lehrstücke im „Dinge hinnehmen die man nicht ändern kann“ – und dann das Beste daraus machen. Schreibe ich eben einen Blogeintrag, unterhalte mich mit mir bisher Unbekannten oder halte einfach mal die Klappe.

Auch unsere Gastfamilie – die Bogdans – sind mit einem anderen Zeitgefühl als wir „typischen Deutschen“, die wir nun mal sind, ausgestattet.

„Budjet, budjet“ würde der Russe sagen – wird schon. So auch diese Familie: Pläne sind sehr grobe Anhaltspunkte und werden ständig der aktuellen Situation angepasst. Und das meist mit bester Laune. Lange Vorbereitungen gibt es nicht, es wird eben gemacht und im Zuge der unweigerlich auftretenden Problemchen der Plan entsprechend „weiterentwickelt“. Eigentlich eine tolle Eigenschaft.

Das daraus resultierende Chaos ist bemerkenswert und für uns dennoch nicht immer einfach zu ertragen. Mir fällt es etwas leichter als Sindy, aber die fehlende Struktur und Ordnung übersteigt auch meine Anpassungsfähigkeit.

Aber auch darum sind wie unterwegs: eigene Grenzen spüren und, wenn sinnvoll, ausweiten – oder eben nicht.

Was nehme ich nun daraus mit? Vielleicht das: Ich kann aus jeder Situation etwas Positives machen. Es liegt an mir und ist also beeinflussbar ob ich mich negativen Emotionen hingebe oder konstruktiv damit umgehe. Und besonders für den Zauderer in mir: einfach mal machen und nicht noch 2 Jahre darüber sinnieren.

Ich denke wir haben schon die ein oder andere schwierige Situation ganz gut gemeistert und nach Frust und Tränen schnell wieder den Weg nach vorn gesucht und gefunden. Das dürfen wir sicher noch weiter kultivieren :-).

So, das war der erste Eintrag zum Thema Reisephilosophie und ein weiterer Versuch meine Innenwelt auszudrücken. Bin schon gespannt wie es sich anfühlt wenn ich es später noch einmal lese.

Nun piept auch die Kasse wieder (nach ca. 2h) und ich gehe mal bezahlen.